Diesen Montag musste ich mit Nacho notfallmässig in die Tierklinik fahren...
Nachdem er beim Freilauf etwas gehetzt hatte, traten bei ihm Symptome einer anstrengungsabhängigen Myopahtie auch "Greyhoundsperre" genannt- auf.
Da die meisten Hundehalter mit dieser Diagnose nichts anfangen können, dachte ich ich poste hier mal eine Erklärung dazu... auch wenn davon fast ausschliesslich Windhunde betroffen sind, wenn man die Anzeichen zu spät erkennt kann es innerhalb kürzester Zeit zum Nierenversagen und Tod führen.
[h=4]Myoglobinurie nach einer Hetze oder einem Sprint:[/h]Autorin : Antje Kammel
Jeder Windhund kann davon betroffen sein, nicht nur der untrainierte Greyhound wie oft behauptet wird. Die Greysperre ist auf keinen Fall mit einem menschlichen Muskelkater zu vergleichen, denn sie wird innerhalb kürzester Zeit zur lebensbedrohenden Krankheit.
Nicht jeder Tierarzt kennt diese Krankheit, deshalb muss der Windhundhalter durch sein Fachwissen helfen, zusammen mit dem Tierarzt schnell lebensrettend einzugreifen. Es kann Ihnen durchaus passieren, dass Ihr Tierarzt anderer Meinung ist; bestehen Sie aber auf die nachfolgend beschriebene Behandlung oder suchen Sie sich schnellstmöglich einen anderen Tierarzt, welcher Ihrem Hund besser helfen kann. Manchen Tierärzten hilft es weiter, wenn Sie ihm erklären, dass es beim Pferd eine ähnliche Erkrankung namens „Kreuzverschlag“ gibt.
Auslöser:
Auslöser für die Greysperre ist immer eine starke Belastung der Muskulatur durch z.B. eine Hetzjagd, einen Sprint oder übermässiges Spiel. Nochmals: es hängt nicht vom Trainingsstand des Windhundes ab, sondern es kann jeden Hund treffen. Sogenannte „trockene“ Hunde (sehr gut bemuskelte Tiere) oder Hunde mit grossem Jagdinstinkt, sowie Kälte oder schwül warme Luft erhöhen die Gefahr weiter.
Muskelaufbau des Windhundes:
Grundsätzlich verbrauchen alle Muskeln Energie, wenn sie arbeiten. Die Energie kann aus vorhandenen Speichern abgerufen oder aber vom Körper über chemische Prozesse selbst hergestellt werden. Es gibt zwei verschiede Muskeltypen. Zum einen die Typ I-Fasern mit den sogenannten ST-Fasern (slow twitch), zum anderen die Typ II-Fasern mit den sogenannten FT-Fasern (fast twitch). Die Typ I Fasern haben eine große Anzahl an Myoglobin, welches in der Lage ist, Sauerstoff zu speichern. Diese Fasern sind auf die aerobe Energiebereitstellung spezialisiert, also auf die durch Sauerstoffverbrauch zur Verfügung gestellte Energie. Die Typ II Fasern (fast twitch) hingegen haben eine geringe Anzahl an Sauerstoffspeichern, aber dafür einen großen Glykogenspeicher (Kohlenhydrate). Weiter verfügen sie über energiereiche Phosphate und Enzyme, mit deren Hilfe auch ohne Sauerstoff Energie aus dem Glykogen gewonnen werden kann. Man nennt dies anaerobe Energiebereitstellung (also Energiebereitstellung ohne Sauerstoffverbrauch). Von diesen Fasern besitzen unsere Windhunde den weitaus grösseren Anteil.
Die aerobe Energiegewinnung (Typ I-Fasern) erfolgt durch die vollständige Verbrennung von Kohlenhydraten (aerobe Glykolyse) und Fetten (Lipolyse) zu Kohlendioxid und Wasser. Die anaerobe Energiegewinnung (Typ II-Fasern, unsere Windhunde) erfolgt hingegen zum einen durch die Spaltung energiereicher Phosphate und zum anderen durch die unvollständige Verbrennung von Kohlenhydraten, wobei Laktat (Milchsäure) anfällt (anaerobe Glykolyse).
Wenn also wenig Typ I-Fasern aber viel Typ II-Fasern vorhanden sind (wie bei unseren Windhunden), wird sehr viel Energie über die anaerobe Glykolyse bereitgestellt. Mit dem Nachteil, dass Laktat anfällt. Etwas vereinfacht gesagt führt das Laktat zu einer Übersäuerung der Muskeln sowie des Körpers und verursacht die Symptome der Greysperre. Der Sauerstoff reicht in der Sprintmuskulatur (Typ II-Fasern) eines gut trainierten grossen Windhundes nur für ca. 200 – 300 Meter, danach muss der Körper auf Glykolyse umstellen. Je ausgeprägter die Ausdauermuskulatur (Typ I-Fasern) ist, desto mehr kann der Körper Energie aus der aeroben Glykolyse ziehen, je ausgeprägter aber die Sprintmuskulatur ist, desto mehr muss der Körper auf die anaerobe Glykolyse und den Nachteil des Abfallproduktes Laktat zurückgreifen. Die bei Überbelastung starke Übersäuerung der Muskeln führt zur irreversiblen Zerstörung von Muskelzellen. Diese Zellen werden nicht wieder aufgebaut.
Diese zerstörten Muskelzellen sowie die Abbauprodukte, welche durch die Überbelastung entstanden sind, gelangen vom Blutkreislauf aus in die Niere. Die Niere filtert die zerstörten Zellen und die Abbauprodukte heraus und scheidet diese aus. Je stärker die Überbelastung und die Übersäuerung ist, desto mehr hat die Niere zu arbeiten. Man erleichtert der Niere das Ausscheiden, in dem man ihr reichlich Spülflüssigkeit, also Wasser, zur Verfügung stellt. Es kann aber in übleren Fällen passieren, dass die Niere völlig überfordert wird. Sie arbeitet dann auf Hochtouren, der Körper überhitzt und schliesslich geben die Nieren auf - es kommt zu akuter Niereninsuffizienz (Nierenversagen) - was tödlich ist. Das Laktat wird überdies auch über die Leber abgebaut, was eine Erhöhung der Leberwerte nach sich ziehen kann.
Wie erkenne ich die Gefahr:
Bei leichten Ansätzen zur Greysperre merkt nur der geübte Beobachter dem Hund etwas an, man kann es aber auch mittels Teststick (s.o.) im Harn nachweisen. Bei etwas stärkeren Ansätzen zeigt es sich für den Laien vor allem darin, dass der Hund nach Anstrengung zwei, drei Stunden später dunkler (Blut, genauer Myoglobin) pinkelt, etwas steifer geht oder etwas abgeschlagen wirkt. Ist die Greysperre ausgeprägter, können Krämpfe hinzukommen und deutlich verhärtete Rückenmuskulatur. Das kann so weit gehen, dass der Hund nicht mehr in der Lage ist sich zu bewegen und bei kleinsten Bewegungen vor Schmerzen schreit, weil die Muskulatur so schmerzhaft hart ist. Es kann dabei auch zu Fieber kommen.
Behandlung von Greysperre:
Bei der ganz leichten (!) Form, die mehr nur ein Ansatz ist, sollte der Hund viel trinken, um die Nieren zu spülen. Es reicht aus, wenn der Hund normales Wasser trinkt. Falls er nicht trinkt, sollte man ihn dazu animieren, z.B. indem man ein wenig Leberwurst oder Brühe in das Wasser rührt. Elektrolytlösungen darf man nicht geben, diese wirkt kontraproduktiv, da die Nieren noch mehr an den Inhaltsstoffen zu arbeiten haben. Sollte der Hund deutliche Anzeichen zeigen (sichtbar dunkler Urin, verhärtete Muskulatur) ist es nötig, den Hund unverzüglich in die Klinik zu bringen und ihm Infusionen mit Ringer-Lösung (KEINE Ringer-Laktat-Lösung) geben zu lassen. Dies kann lebenswichtig sein! Im Zweifelsfall also lieber einmal zu viel als einmal zu wenig einen Tierarzt aufsuchen.
Mögliche Komplikationen:
Es kommt bei jeder (auch der behandelten) Greysperre zu leichten bis massiven Muskelschäden. Weit schlimmer sind aber die Folgen einer unbehandelten Greysperre. Die Nieren schaffen es nicht mehr, die Muskelstoffwechselabbauprodukte auszuspülen und letztendlich endet es in einem akuten Nierenversagen mit Todesfolge. Daher gilt der Grundsatz: spülen - spülen - spülen. Bei einem ganz leichten (!) Ansatz genügt es, dass der Hund viel trinkt - bei einer stärkeren Ausprägung ist eine Infusion lebenswichtig.
Diagnose:
Eine sichere Diagnose sollte nur der Tierarzt stellen. Zudem kann nur er herauszufinden, warum die Veranlagung zur Greysperre vorliegt und ob man das Risiko einer erneuten Greysperre verringern kann. Die Veranlagung zur Greysperre kann durch verschiedene Parameter begünstig werden - einige kann man verändern (Trainingszustand/Ernährung etc.) andere leider nicht. Der Tierarzt kann dazu bei dem Hund nach einer entsprechenden Belastung mehrere Blutgas- und Harnuntersuchungen machen und kann so bestimmen, ob es sich um Greysperre handelt. Bei der Blutgasanalyse ist dies vor allem aus den Werten für HCO3 und BEecf ableitbar (die Werte liegen dann unter dem Soll), ebenfalls ist der Blut-ph-Wert unter dem Soll, wenn dann noch Blut (genauer Myoglobin) im Harn ist, ist es eindeutig.
Eigene Umsicht/Diagnose:
Nach einem anstrengenden Verfolgungslauf, nach einem langen Sprint oder nach intensivem Spielen, sollte man den Urin des Windhundes beobachten. Sobald der Urin dunkler als normal wird, besteht die Gefahr, dass der Hund eine Greysperre hat. Diese kann unbehandelt Nierenschäden nach sich ziehen. Er muss unbedingt weiter beobachtet werden:
Sichtbare Symptome einer hochgradigen Greysperre:
Vorbeugung:
Verhindern Sie unbedingt, dass ein Windhund, der nicht ganz gesund ist, vielleicht frisch geimpft wurde oder vor kurzem eine Narkose brauchte, hetzen oder länger sprinten kann. Ein Windhund ist durch seine vergrößerten Organe sowie anderer anatomischer Besonderheiten und durch seinen seit Jahrtausenden kultivierten Charakter (fliehendes Objekt versetzt ihn kompromisslos in den Trieb) in der Lage, extrem schnell zu rennen. Seine Höchstleistung ist zwar wunderbar anzusehen, erfordert aber seine ganze körperliche und seelische Kraft. Ist der Schalter erst einmal umgelegt, hält ihn kein gebrochenes Bein, keine klaffende Wunde, kein schwaches Herz und keine noch so gute Erziehung zurück. Für die Jagd ist dieser Hund geboren! Deshalb müssen Sie Vernunft walten lassen und ihn nur gut trainiert, völlig gesund und mit guter Übersicht im Gelände frei laufen lassen.
Weitere Details für Interessierte:
Wichtig ist, dass der Hund regelmässig Bewegung gemäss seines eigenen Potentials hat. Sie müssen ihn nicht stundenlang am Fahrrad oder mit Jogging trainieren. Suchen Sie sich ein sicheres Gelände, wo sich Ihr Hund regelmässig frei bewegen kann. Ein Windhund ist der Kurzstreckenläufer schlechthin und kurze Sprints, lockere Spielereien, Tellington T-Touches, Massagen etc., trainieren seine Muskulatur am allerbesten. Vom Grundsatz her muss ein Hund, bevor er frei rennen kann (egal ob auf der Bahn, auf dem Coursingelände oder einfach im Freilauf), aufgewärmt sein. Beim Aufwärmen erhöht sich die Durchblutung und so wird der Sauerstofftransport verbessert. Es bleibt also länger bei der Art der Energiegewinnung, bei welcher kein Laktat freigesetzt wird. Lassen Sie Ihren Hund also die ersten Meter an der Leine, bis er etwas warm gelaufen ist. Genauso wichtig ist ein lockeres Spazieren an der Leine nach der Belastung, damit ein Teil des Laktats sinnvoll via Stoffwechsel abgebaut werden kann.
Erkrankungswahrscheinlichkeit:
Insbesondere die allerschnellsten Windhunde haben Probleme mit der Greysperre (egal ob sie jetzt zu den Whippets oder Galgos oder was auch immer gehören). Am häufigsten erleiden aber tatsächlich die schnellen Greys diese Überbelastung. Jedoch kann man vom Grundsatz her bei jedem Lebewesen eine Greysperre provozieren. Man muss nur über die persönliche Belastungsgrenze hinausgehen. Von daher ist es auch möglich, dass z.B. ein vollkommen untrainierter Hund, der nur kurze Gassi-Gänge im Alltag macht, nach einer 30 Kilometer-Wanderung auf einen Berg eine Greysperre bekommt.
Spezialthema Elektrolyte nach körperlicher Belastung von Hunden:
Elektrolyte sind wirklich nur für richtig schwitzende Lebewesen oder bei starkem Durchfall sinnvoll. Hunde schwitzen nur an den Pfoten und verlieren da keine Salze/Mineralien. Beim Hecheln wird überwiegend Wasser verdunstet. Gibt man nun Elektrolyte, können diese die Nieren überlasten, da die Nieren die Muskelstoffwechselprodukte abbauen und ausscheiden müssen und damit nach Anstrengung schon genug zu tun haben. Elektrolyte auszuscheiden fordert die Nieren zusätzlich.
Zusammenleben mit einem zur Greysperre neigenden Hund:
Die Veränderungen im Zusammenleben mit dem Hund können die Ernährung und das Training betreffen - aber es kann auch sein, dass der Hund außerdem lebenslang nur noch in Maßen rennen darf. Das Ziel muss immer sein, dass man den Hund möglichst nur so weit belastet (d.h. ihn rechtzeitig einschränkt, sowohl bei Hundebegegnungen als auch vorbeugt vor Hetzjagden), dass möglichst kein Blut im Urin nachzuweisen ist. Dies bedeutet ein langsames Herantasten und – will man ganz sicher sein oder der Hund hat eine Rennkarriere vor sich - viele Urintests nach unterschiedlicher Belastung und bei verschiedener Witterung. Nur so lässt sich seriös herausfinden, wie viel dem Hund zuzumuten ist.
Nachdem er beim Freilauf etwas gehetzt hatte, traten bei ihm Symptome einer anstrengungsabhängigen Myopahtie auch "Greyhoundsperre" genannt- auf.
Da die meisten Hundehalter mit dieser Diagnose nichts anfangen können, dachte ich ich poste hier mal eine Erklärung dazu... auch wenn davon fast ausschliesslich Windhunde betroffen sind, wenn man die Anzeichen zu spät erkennt kann es innerhalb kürzester Zeit zum Nierenversagen und Tod führen.
[h=4]Myoglobinurie nach einer Hetze oder einem Sprint:[/h]Autorin : Antje Kammel
Jeder Windhund kann davon betroffen sein, nicht nur der untrainierte Greyhound wie oft behauptet wird. Die Greysperre ist auf keinen Fall mit einem menschlichen Muskelkater zu vergleichen, denn sie wird innerhalb kürzester Zeit zur lebensbedrohenden Krankheit.
Nicht jeder Tierarzt kennt diese Krankheit, deshalb muss der Windhundhalter durch sein Fachwissen helfen, zusammen mit dem Tierarzt schnell lebensrettend einzugreifen. Es kann Ihnen durchaus passieren, dass Ihr Tierarzt anderer Meinung ist; bestehen Sie aber auf die nachfolgend beschriebene Behandlung oder suchen Sie sich schnellstmöglich einen anderen Tierarzt, welcher Ihrem Hund besser helfen kann. Manchen Tierärzten hilft es weiter, wenn Sie ihm erklären, dass es beim Pferd eine ähnliche Erkrankung namens „Kreuzverschlag“ gibt.
Auslöser:
Auslöser für die Greysperre ist immer eine starke Belastung der Muskulatur durch z.B. eine Hetzjagd, einen Sprint oder übermässiges Spiel. Nochmals: es hängt nicht vom Trainingsstand des Windhundes ab, sondern es kann jeden Hund treffen. Sogenannte „trockene“ Hunde (sehr gut bemuskelte Tiere) oder Hunde mit grossem Jagdinstinkt, sowie Kälte oder schwül warme Luft erhöhen die Gefahr weiter.
Muskelaufbau des Windhundes:
Grundsätzlich verbrauchen alle Muskeln Energie, wenn sie arbeiten. Die Energie kann aus vorhandenen Speichern abgerufen oder aber vom Körper über chemische Prozesse selbst hergestellt werden. Es gibt zwei verschiede Muskeltypen. Zum einen die Typ I-Fasern mit den sogenannten ST-Fasern (slow twitch), zum anderen die Typ II-Fasern mit den sogenannten FT-Fasern (fast twitch). Die Typ I Fasern haben eine große Anzahl an Myoglobin, welches in der Lage ist, Sauerstoff zu speichern. Diese Fasern sind auf die aerobe Energiebereitstellung spezialisiert, also auf die durch Sauerstoffverbrauch zur Verfügung gestellte Energie. Die Typ II Fasern (fast twitch) hingegen haben eine geringe Anzahl an Sauerstoffspeichern, aber dafür einen großen Glykogenspeicher (Kohlenhydrate). Weiter verfügen sie über energiereiche Phosphate und Enzyme, mit deren Hilfe auch ohne Sauerstoff Energie aus dem Glykogen gewonnen werden kann. Man nennt dies anaerobe Energiebereitstellung (also Energiebereitstellung ohne Sauerstoffverbrauch). Von diesen Fasern besitzen unsere Windhunde den weitaus grösseren Anteil.
Die aerobe Energiegewinnung (Typ I-Fasern) erfolgt durch die vollständige Verbrennung von Kohlenhydraten (aerobe Glykolyse) und Fetten (Lipolyse) zu Kohlendioxid und Wasser. Die anaerobe Energiegewinnung (Typ II-Fasern, unsere Windhunde) erfolgt hingegen zum einen durch die Spaltung energiereicher Phosphate und zum anderen durch die unvollständige Verbrennung von Kohlenhydraten, wobei Laktat (Milchsäure) anfällt (anaerobe Glykolyse).
Wenn also wenig Typ I-Fasern aber viel Typ II-Fasern vorhanden sind (wie bei unseren Windhunden), wird sehr viel Energie über die anaerobe Glykolyse bereitgestellt. Mit dem Nachteil, dass Laktat anfällt. Etwas vereinfacht gesagt führt das Laktat zu einer Übersäuerung der Muskeln sowie des Körpers und verursacht die Symptome der Greysperre. Der Sauerstoff reicht in der Sprintmuskulatur (Typ II-Fasern) eines gut trainierten grossen Windhundes nur für ca. 200 – 300 Meter, danach muss der Körper auf Glykolyse umstellen. Je ausgeprägter die Ausdauermuskulatur (Typ I-Fasern) ist, desto mehr kann der Körper Energie aus der aeroben Glykolyse ziehen, je ausgeprägter aber die Sprintmuskulatur ist, desto mehr muss der Körper auf die anaerobe Glykolyse und den Nachteil des Abfallproduktes Laktat zurückgreifen. Die bei Überbelastung starke Übersäuerung der Muskeln führt zur irreversiblen Zerstörung von Muskelzellen. Diese Zellen werden nicht wieder aufgebaut.
Diese zerstörten Muskelzellen sowie die Abbauprodukte, welche durch die Überbelastung entstanden sind, gelangen vom Blutkreislauf aus in die Niere. Die Niere filtert die zerstörten Zellen und die Abbauprodukte heraus und scheidet diese aus. Je stärker die Überbelastung und die Übersäuerung ist, desto mehr hat die Niere zu arbeiten. Man erleichtert der Niere das Ausscheiden, in dem man ihr reichlich Spülflüssigkeit, also Wasser, zur Verfügung stellt. Es kann aber in übleren Fällen passieren, dass die Niere völlig überfordert wird. Sie arbeitet dann auf Hochtouren, der Körper überhitzt und schliesslich geben die Nieren auf - es kommt zu akuter Niereninsuffizienz (Nierenversagen) - was tödlich ist. Das Laktat wird überdies auch über die Leber abgebaut, was eine Erhöhung der Leberwerte nach sich ziehen kann.
Wie erkenne ich die Gefahr:
Bei leichten Ansätzen zur Greysperre merkt nur der geübte Beobachter dem Hund etwas an, man kann es aber auch mittels Teststick (s.o.) im Harn nachweisen. Bei etwas stärkeren Ansätzen zeigt es sich für den Laien vor allem darin, dass der Hund nach Anstrengung zwei, drei Stunden später dunkler (Blut, genauer Myoglobin) pinkelt, etwas steifer geht oder etwas abgeschlagen wirkt. Ist die Greysperre ausgeprägter, können Krämpfe hinzukommen und deutlich verhärtete Rückenmuskulatur. Das kann so weit gehen, dass der Hund nicht mehr in der Lage ist sich zu bewegen und bei kleinsten Bewegungen vor Schmerzen schreit, weil die Muskulatur so schmerzhaft hart ist. Es kann dabei auch zu Fieber kommen.
Behandlung von Greysperre:
Bei der ganz leichten (!) Form, die mehr nur ein Ansatz ist, sollte der Hund viel trinken, um die Nieren zu spülen. Es reicht aus, wenn der Hund normales Wasser trinkt. Falls er nicht trinkt, sollte man ihn dazu animieren, z.B. indem man ein wenig Leberwurst oder Brühe in das Wasser rührt. Elektrolytlösungen darf man nicht geben, diese wirkt kontraproduktiv, da die Nieren noch mehr an den Inhaltsstoffen zu arbeiten haben. Sollte der Hund deutliche Anzeichen zeigen (sichtbar dunkler Urin, verhärtete Muskulatur) ist es nötig, den Hund unverzüglich in die Klinik zu bringen und ihm Infusionen mit Ringer-Lösung (KEINE Ringer-Laktat-Lösung) geben zu lassen. Dies kann lebenswichtig sein! Im Zweifelsfall also lieber einmal zu viel als einmal zu wenig einen Tierarzt aufsuchen.
Mögliche Komplikationen:
Es kommt bei jeder (auch der behandelten) Greysperre zu leichten bis massiven Muskelschäden. Weit schlimmer sind aber die Folgen einer unbehandelten Greysperre. Die Nieren schaffen es nicht mehr, die Muskelstoffwechselabbauprodukte auszuspülen und letztendlich endet es in einem akuten Nierenversagen mit Todesfolge. Daher gilt der Grundsatz: spülen - spülen - spülen. Bei einem ganz leichten (!) Ansatz genügt es, dass der Hund viel trinkt - bei einer stärkeren Ausprägung ist eine Infusion lebenswichtig.
Diagnose:
Eine sichere Diagnose sollte nur der Tierarzt stellen. Zudem kann nur er herauszufinden, warum die Veranlagung zur Greysperre vorliegt und ob man das Risiko einer erneuten Greysperre verringern kann. Die Veranlagung zur Greysperre kann durch verschiedene Parameter begünstig werden - einige kann man verändern (Trainingszustand/Ernährung etc.) andere leider nicht. Der Tierarzt kann dazu bei dem Hund nach einer entsprechenden Belastung mehrere Blutgas- und Harnuntersuchungen machen und kann so bestimmen, ob es sich um Greysperre handelt. Bei der Blutgasanalyse ist dies vor allem aus den Werten für HCO3 und BEecf ableitbar (die Werte liegen dann unter dem Soll), ebenfalls ist der Blut-ph-Wert unter dem Soll, wenn dann noch Blut (genauer Myoglobin) im Harn ist, ist es eindeutig.
Eigene Umsicht/Diagnose:
Nach einem anstrengenden Verfolgungslauf, nach einem langen Sprint oder nach intensivem Spielen, sollte man den Urin des Windhundes beobachten. Sobald der Urin dunkler als normal wird, besteht die Gefahr, dass der Hund eine Greysperre hat. Diese kann unbehandelt Nierenschäden nach sich ziehen. Er muss unbedingt weiter beobachtet werden:
- Kann er gut aufstehen?
- Geht er weich geht oder läuft er „stelzig“ herum?
- Ist er besonders müde?
- Tritt Fieber auf?
Sichtbare Symptome einer hochgradigen Greysperre:
- kann sich kaum noch bewegen
- liegt vermehrt nur am Boden
- hat die Beine verkreuzt
- sein ganzer Körper ist hart und verkrampft
- die Zunge ist lang, dick angeschwollen und wird herausgestreckt
- die Augen quellen hervor
- er hat extrem hohes Fieber
- der Urin ist schwarz
- usw.
Vorbeugung:
Verhindern Sie unbedingt, dass ein Windhund, der nicht ganz gesund ist, vielleicht frisch geimpft wurde oder vor kurzem eine Narkose brauchte, hetzen oder länger sprinten kann. Ein Windhund ist durch seine vergrößerten Organe sowie anderer anatomischer Besonderheiten und durch seinen seit Jahrtausenden kultivierten Charakter (fliehendes Objekt versetzt ihn kompromisslos in den Trieb) in der Lage, extrem schnell zu rennen. Seine Höchstleistung ist zwar wunderbar anzusehen, erfordert aber seine ganze körperliche und seelische Kraft. Ist der Schalter erst einmal umgelegt, hält ihn kein gebrochenes Bein, keine klaffende Wunde, kein schwaches Herz und keine noch so gute Erziehung zurück. Für die Jagd ist dieser Hund geboren! Deshalb müssen Sie Vernunft walten lassen und ihn nur gut trainiert, völlig gesund und mit guter Übersicht im Gelände frei laufen lassen.
Weitere Details für Interessierte:
Wichtig ist, dass der Hund regelmässig Bewegung gemäss seines eigenen Potentials hat. Sie müssen ihn nicht stundenlang am Fahrrad oder mit Jogging trainieren. Suchen Sie sich ein sicheres Gelände, wo sich Ihr Hund regelmässig frei bewegen kann. Ein Windhund ist der Kurzstreckenläufer schlechthin und kurze Sprints, lockere Spielereien, Tellington T-Touches, Massagen etc., trainieren seine Muskulatur am allerbesten. Vom Grundsatz her muss ein Hund, bevor er frei rennen kann (egal ob auf der Bahn, auf dem Coursingelände oder einfach im Freilauf), aufgewärmt sein. Beim Aufwärmen erhöht sich die Durchblutung und so wird der Sauerstofftransport verbessert. Es bleibt also länger bei der Art der Energiegewinnung, bei welcher kein Laktat freigesetzt wird. Lassen Sie Ihren Hund also die ersten Meter an der Leine, bis er etwas warm gelaufen ist. Genauso wichtig ist ein lockeres Spazieren an der Leine nach der Belastung, damit ein Teil des Laktats sinnvoll via Stoffwechsel abgebaut werden kann.
Erkrankungswahrscheinlichkeit:
Insbesondere die allerschnellsten Windhunde haben Probleme mit der Greysperre (egal ob sie jetzt zu den Whippets oder Galgos oder was auch immer gehören). Am häufigsten erleiden aber tatsächlich die schnellen Greys diese Überbelastung. Jedoch kann man vom Grundsatz her bei jedem Lebewesen eine Greysperre provozieren. Man muss nur über die persönliche Belastungsgrenze hinausgehen. Von daher ist es auch möglich, dass z.B. ein vollkommen untrainierter Hund, der nur kurze Gassi-Gänge im Alltag macht, nach einer 30 Kilometer-Wanderung auf einen Berg eine Greysperre bekommt.
Spezialthema Elektrolyte nach körperlicher Belastung von Hunden:
Elektrolyte sind wirklich nur für richtig schwitzende Lebewesen oder bei starkem Durchfall sinnvoll. Hunde schwitzen nur an den Pfoten und verlieren da keine Salze/Mineralien. Beim Hecheln wird überwiegend Wasser verdunstet. Gibt man nun Elektrolyte, können diese die Nieren überlasten, da die Nieren die Muskelstoffwechselprodukte abbauen und ausscheiden müssen und damit nach Anstrengung schon genug zu tun haben. Elektrolyte auszuscheiden fordert die Nieren zusätzlich.
Zusammenleben mit einem zur Greysperre neigenden Hund:
Die Veränderungen im Zusammenleben mit dem Hund können die Ernährung und das Training betreffen - aber es kann auch sein, dass der Hund außerdem lebenslang nur noch in Maßen rennen darf. Das Ziel muss immer sein, dass man den Hund möglichst nur so weit belastet (d.h. ihn rechtzeitig einschränkt, sowohl bei Hundebegegnungen als auch vorbeugt vor Hetzjagden), dass möglichst kein Blut im Urin nachzuweisen ist. Dies bedeutet ein langsames Herantasten und – will man ganz sicher sein oder der Hund hat eine Rennkarriere vor sich - viele Urintests nach unterschiedlicher Belastung und bei verschiedener Witterung. Nur so lässt sich seriös herausfinden, wie viel dem Hund zuzumuten ist.