Artikel im Baslerstab vom 2. Juli

Matti

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15. Okt. 2008
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Doris Fraefel (64) redet mit Tieren.
«Gehen Sie einmal ans Rheinufer und
stellen Sie einer Ente eine Frage. Vielleicht
beantwortet sie diese. Aber versteifen
Sie sich auf keinen Fall darauf,
sonst funktioniert es nicht», sagt die
Anwältin. Zusammen mit ihrem Mann
Willy Fraefel (65), ebenfalls Anwalt,
hat sie vor einem Jahr die Stiftung
Die Stimme des Tieres gegründet, die
mittlerweile rund ein Dutzend Gönner
zählt. Zweck: Tieren, die ihren Besitzern
und anderen Probleme bereiten,
eine Stimme zu geben.
Für einen Jahresbeitrag von 180 Franken
versichert die Stiftung bis zu zehn
Haus- oder Nutztiere und gewährt bei
Problemen einen dreistufigen Hilfeleistungsplan.
«Es handelt sich nicht um
eine Haftpflichtversicherung für Tier
und Halter, sondern um eine Kommunikations-,
Mediations-undRechtsschutzversicherung
», sagt Willy Fraefel.
Vertretung bis vor den Richter
Für alle, die jetzt noch Bahnhof verstehen,
ein Beispiel: Ein Hundehalter
kommt in Schwierigkeiten, weil der
Hund sich gegenüber seinem Nachbarn
aggressiv verhält. Der Nachbar
fordert vielleicht einen Maulkorb
oder geht noch weiter und will, dass
der Hund eingeschläfert wird. Willy
Fraefel: «Hier drängt sich die Frage
auf, warum der Hund sich aggressiv
verhält.» Für eine Antwort auf diese
Frage müsse man logischerweise auch
den Hund befragen.
Die Stiftung Die Stimme des Tieres
stellt dem Versicherten einen Tierkommunikator
zurVerfügung, der den
Hund nach seiner Sichtweise der Dinge
befragt. «Für die Konfliktlösung ist
die Stimme des Tieres wichtig», sagt
Doris Fraefel. Denn es könnte sein,
dass der Nachbar den Hund unbewusst
provoziert. Der Hund antworte
natürlich nicht in menschlicher Sprache,
aber auf einer Ebene, die ein ausgebildeter
und erfahrener Tierkommunikator
verstehe.
Kommt nach der Befragung keine Einigung
zu Stande, zieht die Stiftung im
zweiten Schritt einen Anwalt bei. «Er
spielt die Rolle eines Friedensrichters
oder Mediators und versucht die zerstrittenen
Parteien zu besänftigen»,
erklärtWilly Fraefel. Kann der Konflikt
auch auf dieser Ebene nicht beigelegt
werden und zieht die eine Konfliktpartei
die andere gar vor Gericht, soll auch
hier ein Anwalt den Hund vertreten
dürfen – mithilfe der Aussagen, die der
Hund gegenüber demTierkommunikator gemacht hat.
Ein Sachverhalt, der
in der Gerichtspraxis Neuland wäre.
«In der Schweiz könnte das allerdings
möglich werden», sagt Willy Fraefel.
Weil mit den Änderungen im Zivilgesetzbuch
(ZGB) und dem neuen Tierschutzgesetz
das Tier nicht mehr als
Sache angesehen wird.
Was aber, wenn – laut dem Hund – der
Halter und nicht der Nachbar selbst
für die Aggressivität seines Hundes
verantwortlich ist? «In einem solchen
Fall hat die Stiftung eine Ermächtigung
zum selbständigen Handeln und
kann den Hund gegenüber seinem
Halter vertreten», sagt Willy Fraefel.
Gegenüber den kantonalen Tieranwälten,
welche die Tierschutzanwalt-
Initiative fordert, sieht Willy Fraefel
hier einen Vorteil: «Mit der Verwendung
der Aussagen der Tiere könnten
wir einen Schritt weiter gehen als das
Tierschutzgesetz.»
Zurück zur Natur
MitTieren reden, deren Meinung vertreten
– ist das nicht eine verrückte Idee?
«Durchwegs nicht», sagt Willy Fraefel.
«Wir erhalten viel positives Echo und
wollen mit dieser Stiftung etwas bewirken,
das den Tieren zugute kommt und
das realitätsnah ist.» Der Stiftungsrat
bestehe aus sechs Mitgliedern, die allesamt
Tierhalter sind, mit Tierkommunikation
aber nichts zu tun hätten. «So
bekommen wir ein kritisches Feedback
zu unserer Arbeit», sagt Willy Fraefel,
der jahrelang in der Stiftung Schweizerische
Schule für Blindenführhunde in
Allschwil (BL) tätig war.
Auf die Idee der Stiftung kamen Willy
und Doris Fraefel, weil sie seit Jahren
selber Hunde halten, heute die Hündinnen
Mali und Luna, und diese zu
verstehen begannen. «Wir Menschen
müssen lernen, das nutzbar zu machen
», sagt Doris Fraefel. Die Stiftung
könne im Idealfall aufzeigen, dassTiere
mit ihrem Wissen und ihrer Weisheit
den Menschen bereichern und
beraten könnten. «Quasi die Trennung
von uns Menschen mit der Natur wieder
aufheben und zurück zu unseren
Talenten finden, die durch den Druck
der Gesellschaft zugemauert werden.
»