Clickern von negativ gezeigten Verhaltensweisen???

Idesiree

Erfahrener Benutzer
25. Nov. 2009
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ich hab da mal eine Frage, die sich mir einfach nicht logisch beantworten lässt:

ich wende den Clicker so an, dass ich alles Verhalten dass für mich positiv ist, clickere. Auch der Ansatz von positivem Verhalten, z.B. ein mit dem "Ohren" sich nach mir orientieren wird in bestimmten Situationen, z.B. bei einer Sichtung grossem Interesses schon angeclickt, natürlich für Tricks auch im Gebrauch etc.

Jetzt habe ich schon öfters gehört, gelesen, dass einige auch namhafte Trainerinnen den Clicker auch für negativ gezeigten Verhaltens einsetzen.

Ich kann mir das nicht logisch erklären, ausser man sieht dann den Clicker als "Lockmittel", könnte dann aber ja grad so gut mit der Bratwurst in der Hand dastehen, oder?

Habt ihr sowas schon gehört und eine passende Erklärung dazu ?( :) Iris

 
Kannst du ein Beispiel machen? Was ich kenne, weiss aber nicht ob du das meinst: wenn ein Hund z.B. stark auf andere reagiert (z.B. anbellen), wird geclickert und gefüttert, solange der Hund den andren wahrnimmt, ist er ausser Sicht hört c&b auf. Dies nicht, um das Verhalten zu verstärken, sondern um die Emotionslage in der Situation positiv zu beeinflussen....kanns grad schlecht erklären, muss mal den Artikel vorkramen, in welchem es für mich sehr schlüssig erklärt wird....moooooment

 
also bei uns ists so...campino ist ja nun in der flegelphase und somit fängt er an unbekanntes zuerst anzuknurren, dann zu bellen und wäre er dann nicht an der leine auch nach vorne zu gehen...uns wurde nun gesagt, dass wir immer kurz bevor etwas geschieht: zb. kommt ein mensch um die ecke, campino sieht ihn, reagiert aber noch nicht - genau dann sollen wir klickern, damit er weiss "ah dieser mensch ist ok"

also wir klickern bevor er anfangen kann zu knurren...mittlerweile kann ich das bei ihm auch recht gut abschätzen - zurzzeit bin ich fast alles am klickern wenn wir draussen sind und die fortschritte sind enorm...er knurrt und bellt nun seit einer weile wieder weniger.. :)

 
Ich kenne diese Methode auch, und habe sie auch kurze Zeit angewendet. Das was BanGli erklärt, kann man genau so gut auch ohne Clicker machen - eine simple Gegenkonditionierung nach Lehrbuch. Fällt auch leichter, da eine Hand weniger dreifach besetzt ist :p .

Nach meiner Erfahrung funktioniert die Anwendung des Clickers als "Stimmungsaufheller" nur für eine beschränkte Zeit. Der Clicker wird ja zuerst positiv aufgebaut (einfach klassisch konditioniert). Ein Reflex des Körpers, der dabei unwillentlich vom Hund im Hund ausgelöst wird, ist die positive Emotion (Freude). Wenn jetzt aber der Click zu häufig mit der negativen Emotion des Problemverhaltens verknüpft wird, wird logischerweise der Click irgendwann zum Auslöser der negativen Emotion (im Prinzip ähnlich der kond. Entspannung, wenn sie nicht immer und immer und immer wieder "aufgefrischt" wird). Als weiteren Schritt kommt dann noch das negative Verhalten zur negativen Emotion das ausgelöst wird.
Weiter finde ich es sehr kritisch, da auch hier der Clicker unweigerlich als sek. Verstärker eingesetzt wird. Heisst, wenn sich der Hund schon ein mü im Verhalten "auf Angriff" (oder was auch immer) eingestellt hat, verstärke ich unweigerlich ganau das Verhalten (obwohl der Click am Anfang ja noch "Stimmungsaufhellend" wirkt). Finde ich wenig sinnvoll und sehr kritisch. Wenn jemand nicht absoluter Vollprofi im Timing ist, geht der Schuss nach hinten los.

Dasselbe, wenn man ängstliches Verhalten Clickt (auch zur "Stimmungsaufhellung"). Irgendwann zeigt der Hund auf den Click ein Meideverhalten... Hundi ist ja schliesslich nicht doof...

Für mich aus oben genannten Gründen kein gutes Einsatzgebiet des Clickers. Der Click soll für meinen Hund zu 100% supermegagigatoll sein - ohne Zweifel. Ich arbeite bei Problemverhalten über Gegenkonditionierung und Desensibilisierung. Ein Alternativverhalten baue ich dann aber wieder sehr gerne mit dem Clicker auf :thumbsup: .

Liebi Grüesslis

 
[QUOTE='Cuvac]Weiter finde ich es sehr kritisch, da auch hier der Clicker unweigerlich als sek. Verstärker eingesetzt wird. Heisst, wenn sich der Hund schon ein mü im Verhalten "auf Angriff" (oder was auch immer) eingestellt hat, verstärke ich unweigerlich ganau das Verhalten (obwohl der Click am Anfang ja noch "Stimmungsaufhellend" wirkt). Finde ich wenig sinnvoll und sehr kritisch. Wenn jemand nicht absoluter Vollprofi im Timing ist, geht der Schuss nach hinten los.
[/QUOTE]Das ist eben genau das, was ich persönlich auch befürchten würde.
Danke Glika, ja in diesem Zusammenhang habe ich dies gehört.

Ich habe es aber auch im Zusammenhang gehört, als ich ein Seminar besuchte, dass man Hunde die Jagen wenn sie z.B. wie meine bei Katzensichtung sauddof tun an der Leine, Kläffen in die Leine springen usw. dann clickt und einfach die Guddis vor dem Kopf auf den Boden fallen lässt weil sie in dieser Hohen Erregungslage nicht gefressen werden können. Sie würden trotzdem merken das die guddis da seien und irgendwann werde es so sein, dass der Hund die GUddis auch in sehr hoher Erregungslage aufnehmen könne...

Ich clicke Stufen vorher, aber nie wenn sie quasi gestartet ist. Wenn sie frei wäre hört sie es eh nicht und ist ihr noch so pfupf egeal und an der Leine interessiert es sie auch sicher niemals. Dies ist mir derart unlogisch rübergekommen, deshalb mein Einwand, kann ich auch einfach mit der Bratwurst dastehen und abwarten und ihr diese Füttern wenn sie sich ausgetobt hat :evil: was ich so sicher nie praktizieren werde :laughingmyassoff:

 
Da gabs mal einen interessanten Beitrag im Clicker Magazin dazu ( Ausgabe 16-März/April 11 von Mirjam Aulbach). Und da drin steht: Verhalten ist nicht gleich Emotionen.

Zitat:

[align=left]Verstärken wir damit nicht die Aggression?[/align]

[align=left]Das ist die häufigste Frage zu diesem Thema. Die Antwort ist ganz klar: Nein! Übrigens gilt das gleiche für den Einsatz bei Angst. Emotionen sind etwas anderes als Verhalten. Zitat Ende.[/align]

[align=left]Zitat:[/align]

[align=left]Unser Hund reagiert auf einen fremden Hund mit lautem Bellen. Das Verhalten „Bellen“ entsteht aus der Emotion „Aggression“. Setzen wir klassische Gegenkonditionierung ein, kann es passieren, dass ein sehr pfiffiger Hund merkt, das „Bellen“ immer etwas Angenehmes zur Folge hat. Wisst ihr was? Das ist super und ein riesen Schritt im Training![/align]

[align=left]Die Motivation und die Emotion dahinter haben sich nämlich geändert. Der Hund tobt nicht mehr aus einer Aggression heraus. Er zeigt das Verhalten, weil er eine Belohnung möchte. Übrigens ist das sehr einfach zu sehen. Ein Hund, der bellt, weil er eine Belohnung erwartet, sieht ganz anders aus, als ein aggressiv bellender Hund. Jetzt ist es ein Leichtes, dem Hund beizubringen: Bellen ist ganz ok, aber wenn du etwas anderes machen würdest, wär das lohnender. Zitat Ende[/align]

[align=left]Zitat:[/align]

[align=left]Warum also den Clicker einsetzen? Weil er ein so mächtiges Werkzeug ist! Ist der Hund mit der Arbeit vertraut, löst der Click eine angenehme Erwartungshaltung aus. Im Gehirn werden Glückshormone freigesetzt. Der „Click“ versetzt den Hund in einen bekannten Kontext: „Ich arbeite jetzt mit meinem Menschen! Das macht Freude. Ich weiss, was mich erwartet“. Zitat Ende[/align]

[align=left]Das sind nur Ausschnitte aus dem Artikel, er ist sehr viel länger. Vieles scheint mir logisch, ob ich mir das aber mit einem agressiven Hund zutrauen würde, ist eine andere Frage.[/align]

 
@Amina

ja, ich sehe das schon, was die Emotion betrifft leuchtet mir das noch ein, trotzdem wird ja auch das Verhalten in diesem Moment bestärkt, das kann man ja nicht voneinander abspalten. :S

 
also wir arbeitem mit dem cliker seit der ersten hundeschul-stunde und ich muss sagen, es ist das beste was es gibt (für uns jedenfalls) man bekommt so schnell sachen hin das geht sonnst nie so schenll. (eigene erfahrung). ABER man kann sehr viel faltsch machen mit dem clicker, wen man im faltschen augenblick clickt z.b: wen der hund irgenwoh auf dem feld ist und nicht kommen will und mann clickt, dan kommt er zwar, weil er ja weis das es jetzt eine belohnung gibt aber er hat gelehrnt "ah auf dem feld nicht höhren ist eine gute sache weil ich ja dan einen click bekomme"

so wie wir es beigebracht bekamen darf man nichts negatives ckliken.

und wenn man clickt wen zum beispiel ein anderer hund kommt und unserer bellt (egal ob hund oder was auch immer) muss man "zeigen und benennen " "machen", das heisst blöd gesagt: man sagt hund clickt und gibt das gudi, also: hund, click, gudi oder auto,click, gudi. und und und..

chicca hatte angst vor pferden und jetzt dank zeigen und benennen können wir ohne leine und stress neben den pferden durch.

meine schlussvolgerung - clicken ist ne tolle sachen aber man muss es von grund auf richtig lehrnen weil man sonnst mehr kabut macht als sonnst was....

 
Wie ich gestern schon gesagt hab, wenn es vielleicht ein "leichtes Problem" ist kann man da vielleicht rumclickern. Aber bei Hunden mit massiven Problemen sehe ich überhaupt keinen Sinn. Erst recht nicht wenn der Hund schon länger auf die klassische Art (gewünschte Handlung) geklickert wurde. Vor allem denke ich dass ein Hund ab einem gewissen Erregungsgrad den Clicker gar nicht mehr registriert - so ähnlich wie Fussballguckende Männer, da kannst auch reden und reden und die reagieren noch nicht mal. Zudem arbeitet man hier nicht vernünftig an einem Problem sondern man lenkt nur um.

 
[QUOTE='Amina][align=left]Unser Hund reagiert auf einen fremden Hund mit lautem Bellen. Das Verhalten „Bellen“ entsteht aus der Emotion „Aggression“. Setzen wir klassische Gegenkonditionierung ein, kann es passieren, dass ein sehr pfiffiger Hund merkt, das „Bellen“ immer etwas Angenehmes zur Folge hat. Wisst ihr was? Das ist super und ein riesen Schritt im Training![/align]

[align=left]Die Motivation und die Emotion dahinter haben sich nämlich geändert. Der Hund tobt nicht mehr aus einer Aggression heraus. Er zeigt das Verhalten, weil er eine Belohnung möchte. Übrigens ist das sehr einfach zu sehen. Ein Hund, der bellt, weil er eine Belohnung erwartet, sieht ganz anders aus, als ein aggressiv bellender Hund. Jetzt ist es ein Leichtes, dem Hund beizubringen: Bellen ist ganz ok, aber wenn du etwas anderes machen würdest, wär das lohnender. Zitat Ende[/align]
[/QUOTE]

Das hab ich schon beobachtet, und es funktioniert.






Ich sehe die Schwierigkeit eher darin, dass man es nicht in einer Situation anzuwenden braucht, wenn der Hund gefrustet ist – sondern dann, wenn er aggressiv reagiert. Aggression kann man nicht bestärken (neurologisch nicht möglich).



So kann man die Stimmung beeinflussen. Irgendwann schreit er nicht mehr "ich fress dich!" – sondern bellt "nur noch" rum. Ein wesentlicher Schritt in die richtige Richtung.






@ Jade: Sorry, das stimmt so nicht. Gerade wenn ein Hund "klassisch" geklickt wurde, kann man das anwenden. Wenn nicht, dann hat der Clicker ja auch keine Funktion für den Hund
?( . Und gerade der Click kommt auch dann noch an, wenn Sprache nicht mehr wahrgenommen wird. Ist wie ein gut konditionierter Pfiff. Auch eine Umlenkung ist das nicht, im Gegenteil, es verändert die Stimmung.





Will man das machen, muss man viel, viel Geduld haben – die Stimmungslage eines Hundes zu verändern dauert. Doch wenn es geschafft ist, ist allen Beteiligten erfolgreich geholfen, weil man eben nicht umgelenkt hat oder einen Weg gefunden hat, mit der Situation zu leben oder sie zu umgehen – sondern weil man erreicht hat, dass der Hund keine Aggressionen mehr empfindet in der Situation.






Wer sich interessiert, liest mal "The Neurophysiology of Clicker Training" von Karen Pryor (dort werden all die Fragen beantwortet)



oder guckt auf ihrer Website:
http://www.clickertraining.com/node/251

 
Ich denke es kommt auch darauf an, wie der Clicker konditioniert wurde.
Eine Umlenkung ist meiner Meinung nach bei einigen Hunden sicher möglich, aber ich kenne auch Hunde die NULL auf den Clicker reagieren und schon gar nicht mehr in einer "agressiven Phase".

Ich denke auch hier ist es wie überall. Es kommt auf das Team an.


Gruss Wendy

 
Wie gesagt, bei Problemchen wirds sicher irgendwie gehen aber bei Hunden die wirklich grosse Probleme haben glaube ich nicht daran. Ich lass mich gerne vom Gegenteil überzeugen aber nicht durch etwas geschriebenes denn Papier ist ja bekanntlich geduldig ;)

Ich hätte hier einen Hund mit massiven Problemen anderen Hunden und Menschen gegenüber aber das Risiko ist mir ganz klar zu gross um da Experimente zu machen. Hier gehen wir die Sache etwas anderst an. Vor allem kann ich nicht mit einer Hand einen Tobenden 35kg Hund halten und in der anderen den Clicker. Wenn da die Masse in Schwung kommt heissts gut festhalten und Beine in den Boden stemmen! Ich müsste da den Clicker wohl im Mund haben und mit den Zähnen den Clicker betätigen :p

Bei Jade hab ich mal versucht die Kläfferei im Agi wegzuklickern aber die ist zu gewifft dazu. Ergebnis war ein Hund, der absichtlich kläffte, damit in der Ruhe der Click und das Guzi kommt :ugly:

Da ich am Wochenende ein Seminar zum Thema "Positive Ansätze zum lösen von Verhaltensproblemen" Besuche, werde ich aber rein aus Intresse mal nachfragen was die von dieser Methode halten.

 
Wenn der Clicker sauber kl. kond. wurde, dann macht das Clickgeräusch keinen Umweg im Gehirn, sondern wird direkt von der Amygdala "wahrgenommen". Von daher, wenn die Ohren das Geräusch wahrnehmen, löst es automatisch die entsprechenden Reflexe des Körpers aus. Hund kann also nicht wählen ob er will oder nicht. Viele Hunde fressen in hoher Erregungslage noch Click-Guddies, obwohl sie sonst keine mehr fressen würden (da ja auch der "Speichelreflex" ausgelöst wird, was bei "nomaler Guddigabe" in hoher Erregungslage nicht mehr unbedingt geschieht.)


Ich finde einfach auch hier extremst wichtig, dass man ganz genau weiss, was man tut. Dazu gehört auch ganz genau zu wissen, weshalb der Hund dieses Verhalten zeigt. Die häufigste Ursache für aggressives Verhalten ist Angst (und Unsicherheit). Es gibt auch Hunde, die gehen Vollgas und mit wildem "ich fress Dich" in die Leine, weil sie es so GELERNT haben. Mit dem Click hat man "Zugriff" auf die Emotion, klar. Somit kann Aggression "aufgehellt" werden. Aber ich bestätige damit auch immer das aggressive/agonistische Verhalten, welches der Hund gerade zeigt. Zudem erhöht der Click auch immer und automatisch die Erregungslage. Deshalb kann man Ruhe auch immer nur gerade ein mal clicken.

Wie bereits erwähnt, sehe ich in diesem Zusammenhang keinen Sinn darin, den Clicker einzusetzen. Ich sehe auch keinen Sinn darin, weshalb ich den Hund überhaupt in die Situation bringen sollte, dass er reagieren muss. Ich arbeite lieber auf Distanz. Mit Gengenk. und Desensib. kommt man riesig schnell ans Ziel, ohne dass dabei soooo viel schief gehen kann. Und ich bewahre mir den Clicker total positiv.

Das mit dem Jagen ist ja absoluter stumpfsinn... Das freiwillige Abwenden vom Jagdobjekt würde ich clicken, aber sicher nicht das drauflosstürmen. Auch hier verstärke ich das Verhalten. Zudem ist die Emotion beim Jagen schon extremst positiv (ausser wenn der Hund aus Frust reagiert). Jagen hat so viele klassisch konditionierte selbstbelohnende Anteile, dass da der Click sehr wenig ins Gewicht fällt. Man vergisst häufig, dass nicht nur "gewollte" Dinge klassisch kond. sind... Wenn ich Richtung Gudditasche greife, ist das genau dasselbe, wie wenn ich clicke.

 
Ihr diskutiert schon echt auf hohem Niveau, Respekt!

Ich kenne diese Möglicheit, arbeite auch damit belasse es aber nicht nur bei DIESEM Ansatz sondern kombiniere mehrere Möglichkeiten.

Habe ich einen Hund, der zum Beispiel bei Hundesichtung total hoch dreht und Tendenzen zeigt den Angriff zu wählen, dann ist die Gegenkonditionierung ein super wichtiger Schritt. Es ist natürlich auch möglich, dem Hund ein Alternativverhalten bei zu bringen, wie zum Beispiel mich ansehen oder den Ball oder das Guddeli und den ankommenden Hund zu ignorieren, das hilft meinem Hund aber nicht, sich mit der Situation auseinander zu setzen. Der findet dann den anderen Hund immer noch doof, lernt nur, dass er erfolgreich ausgeblendet werden kann. Problematisch wird es immer dann, wenn der andere Hund auf einmal so nah ist, und das von meinem gar nicht wahrgenommen werden konnte. Der war ja voll auf mich fixiert... Dann ist die Gefahr auf einmal ganz nah und mein Hund explodiert.

Verknüpfe ich den Anblick anderer Hunde mit positiven Aktionen welcher Art auch immer, kann die Emotion geändert werden. Der doofe Hund ist irgendwann gar nicht mehr so doof und so kann mein Hund sich anderen Aktionen zuwenden, weil die Gefahr gar keine Gefahr mehr ist.

Aggressionsverhalten kann schon belohnt werden, aber nicht mit Leckerlis. Aggressionsverhalten wird immer dann belohnt, wenn es funktioniert hat, das Ziel dieses Verhaltens also erreicht wurde. Ein Hund, der in die Leine steigt um einem Artgenossen zu sagen, dass er sich gefälligst verp... soll, wird dadurch belohnt, dass der Artgenosse von seinem Halter weg gezerrt wird oder sogar selbst einen Bogen läuft.
Ein Leckerli für so ein Verhalten zu bekommen wirkt in der Regel nicht belohnend, denn das ist ja gar nicht das momentare Ziel des Hundes! Gleiches gilt für die Ankündigung eines Leckerchens, denn der Hund hat mit seinem Verhalten ja nicht das Ziel ein Leckerchen zu bekommen.

Ein praktisches Beispiel:
Ich war zu meinen Anfängen mal bei einer Dame, deren Hund großen Stress hatte wenn fremde Personen kamen. Es war ein großer Schäfermischling und er regte sich bereits auf, wenn er nur ein Auto hörte das in die Einfahrt fuhr. Ich wollte dem Hund gerne den Stress nehmen, die Halterin wollte aber nicht, dass er aufhört sich dermaßen aufzuregen, denn sie fühlte sich damit sicherer.
Wenn es klingelte, lehnte sie sich durch das Küchenfenster um zu sehen wer vor der Türe ist, ihr Hund stand dann laut bellend und heftig gestresst neben ihr, so dass man im Grunde sowieso kaum etwas verstand. Die Halterin wollte daran nichts ändern.

So einigten wir uns darauf, dass wir ihn wenigstens mit Futter für dieses Verhalten gebührend belohnen, um ihm zumindest den Stress zu nehmen. Wir packten einen guten Schinken aus und ließen jemanden klingeln. Wie immer regte sich der Hund auf und er keifte durch das Küchenfenster. Kaum hatte er das gemacht, bekam er von der Halterin ein Stück Schinken.
Wir wiederholten diese Situation mit noch zwei Mal mit unterschiedlichen Personen und ausreichenden Pausen um den armen Hund nicht zu sehr zu stressen...
Beim dritten Mal rannte der Hund zum Schinken und wartete auf sein Futter! Als die Halterin wie immer das Fenster öffnete, musste er fast gelockt werden, dass er sich auf die Anrichte stellt um aus dem Fenster zu sehen. Den Fremden draußen schenkte er allerdings kaum noch Beachtung, er wollte nur die Belohnung.
Seine Erwartungshaltung hatte sich geändert.
Zugegeben, das Ziel der Halterin wurde nicht erreicht, aber der Hund hatte weniger Stress und fühlte sich besser. Die Halterin war dann am Ende auch damit einverstanden, dass er wenigstens noch neben ihr aus dem Fenster guckt, das ist ja auch Respekt einflößend.


Nun zu der Frage mit dem Klick.
Es ist schon richtig, dass das Klick-Signal natürlich auch umkonditioniert werden kann, wenn ich es immer nutzte, wenn mein Hund sich in einer angespannten Situation befindet. Das passiert aber nur, wenn die Gewichtung sehr stark verändert wird. Wenn also der Hund über lange Zeit nur in positiv gestimmten Situationen geklickt wurde, und dann das gleiche Signal über einige Tage NUR noch genutzt wird, wenn der Hund gerade angespannt ist. Dann kann das Signal eine andere Bedeutung erhalten. Das funktioniert übrigens auch mit dem Geruch von Futter! Es gibt Hunde, die bekamen Lebewurstpastete nur in Situationen, in denen sie sich gestresst fühlten vor die Nase gesetzt, als ultimative Möglichkeit etwas positives anbieten zu können. Die Hunde waren aber nicht in der Lage dies anzunehmen und reagierten nach einer Weile auch in entspannten Situationen auf das Angebot der leckeren Pastete mit Meideverhalten und Anspannung.

Wenn ich aber Futterbelohnungen und Klicksignale größtenteils für positive Aktionen nutze, und dann zweimal die Woche in einer Situation füttere oder klickere wo mein Hund Anspannung oder Aggressionsverhalten zeigt, wird es nicht zu einer Umkonditionierung kommen.

Warum klick und nicht einfach Bratwurst vor die Nase?
Wenn mein Hund gerade direkt neben mir ist, kann ich natürlich auch die Bratwurst vor die Nase halten oder ihn einfach so damit belohnen. Da wäre das Klick nicht unbedingt notwendig. Weite ich die Situationen allerdings aus, biete ich meinem Hund mehr Raum um sich entscheiden zu können, kann der Klick helfen die Entscheidung gewünscht zu beeinflussen. Zugegeben, wenn mein Hund bereits in der Leine hängt und randaliert, klicke ich auch nicht mehr (ich klicke mit Zungenschnalzen), denn ich nehme stark an, dass das kaum noch bei ihm ankommt und in der Situation habe ich dann anderes zu tun. Aber JEGLICHE Sequenzen, in denen er Drohsignale zeigt, kann ich anklicken, denn DROHEN bedeutet, dass mein Hund noch zu kommunizieren versucht und noch dabei ist eine Entscheidung zu fällen. Mit dem konditionierten Klicksignal kann ich seine Emotionen so beeinflussen, dass die Notwendigkeit für einen Angriff sinkt, weil die Situation nicht mehr als dermaßen gefährlich eingestuft wird. Dieses Verhalten durch die Änderung von Emotionen dermaßen zu beeinflussen gelingt mit dem Schinken vor der Nase nicht so optimal. Mit dem Schinken vor der Nase kann ich meinen Hund möglicherweise aus der Situation raus holen, ihn umlenken, aber nicht seine eigene Entscheidungsfindung positiv beeinflussen.

Wenn ich mit Ragnarson auf Hunde treffe und er Kontakt aufnehmen darf, dann klicke ich IN der Situation, wenn die Hunde sich beschnuppern, um Ragnarsons Anspannung raus zu nehmen. Es hilft nicht immer, schließlich spielt ja auch die Antwort des anderen Hundes eine große Rolle, aber oftmals kann ich bemerken, dass Ragnar sich auf das Klick einfach ein wenig zurück nimmt, nicht mehr ganz so sehr anspannt. Ähnlich funktioniert auch ein konditioniertes Entspannungssignal.


Grundsätzlich gehe ich nicht so langsam und vorsichtig vor, dass ich den Hunden jeglichen Stress zu nehmen versuche, also rein über Gegenkond. und Desensibilisierung arbeite, sondern setze später auch Grenzen.
Ich zeige Hunden viele lohnende Alternativen zu ihrem Verhalten auf, beeinflusse die Emotion mit Klick und Futter und stärke so die Zusammenarbeit mit dem Halter und das Selbstbewusstsein des Hundes. So sinkt die Notwendigkeit immer weiter, das aggressive Verhalten zu zeigen.
Wenn die Hunde damit schon weit gekommen sind, baue ich mit einem Abbruchsignal und körperlichen Einschränkungen auch Grenzen ein. Heißt, wenn sich der Hund dann trotz der Angebote an Alternativen und trotz positiv belegen von angespannten Situationen dazu entscheidet vor zu preschen, wird dieses Verhalten an der Leine verunmöglicht und vom Halter unfreundlich beantwortet.
Jegliche Entscheidung die in die gewünschte Richtung geht wird dagegen weiter bestärkt.
Nach und nach ist dann das Ziel, dass der Hund ohne große Einwirkung des Halters seine Entscheidung trifft. Um diese Entscheidungsfindung positiv zu beeinflussen ist aber der Klicker definitiv eine enorme Hilfe.


In der Hoffnung Euch mit meinem Text nicht gelangweilt zu haben, wünsche ich weiterhin viel Spaß beim Brainstormen :D

Grüße,
Katrin

 
Super erklärt, Katrin, Danke! :thumbsup: (Ich weiss schon, warum Du die Online-Tierstunden machst ;) , nicht jeder hat die Gabe, sich schriftlich so präzise und verständlich ausdrücken zu können.)

ps. Kriegst ne PN!

 
Sehr spannend! Danke für eure Beiträge!

@Jade,
ja gerne, frag doch mal nach, bin gespannt :)

Gut, ich war und bin auch völlig überzeugt, dass ein Clicken in dem Moment wo mein Hund keiffend in der Leine hängt und dem Reh nachhetzen will sicherlich für mich nicht in Frage kommt :D

@Kathrin
wie siehst du denn die von mir oben genannte Aussageeiner Trainerin bezüglich Clicken und dann Würstli einfach auf den Boden fallen lassen?
Mich nimmt es einfach wunder wo da der Ansatz sein könnte, denn Futter ist bei einem richtigen Jäger ja nicht auf gleicher Stufe wenn er Hetzen will....
Es kann natürlich sein, dass er irgendwann das Futter annimmt, weil er weiss dass er nicht Hetzen kann und deshalb statt nix die Alternative annimmt, aber sobald er frei ist würde das in die Hose gehen..

 
wie siehst du denn die von mir oben genannte Aussageeiner Trainerin bezüglich Clicken und dann Würstli einfach auf den Boden fallen lassen?
Also grundsätzlich stimme ich da mit einer Vorschreiberin überein (hab jetzt nicht mehr nachgesehen wer das war), dass Jagdverhalten ja bereits eine positive Emotion ist. Ich bin mir nicht so sicher, in wie fern da die emotionale Umstimmung Sinn macht. Spontan würde ich sagen, dass es hier nicht so sinnig ist, wäre aber bereit das zu diskutieren.

Wenn der Hund jagen will, dann in der Leine hängt und dann doof tut, ist er frustriert, das ist ja dann wieder eine nicht so tolle Emotionslage, die könnte hierdurch möglicherweise beeinflusst werden.

Das ist aber ja nicht Sinn des Trainings, ich will ja nicht (nur), dass mein Hund weniger gefrustet ist, wenn er an der Leine seinem Ziel nicht nach gehen kann... Es könnte aber durchaus ein Teilziel sein, um den Hund überhaupt wieder ansprechbar zu bekommen, wenn der bei Wildsichtung dermaßen abdreht, dass ich nicht mehr an ihn ran komme.

Die Leckerchen auf den Kopf zu werfen... Naja, ich will mal so sagen, nachdem Hunde im Jagdeifer weitgehend Schmerz resistent sind, wage ich zu bezweifeln, dass sie die Leckerlis auf dem Kopf wahrnehmen. Sobald der Hund sich allerdings beruhigt, nimmt er den Geruch der vorher dort hin gefallenen Leckerchens wahr und ist dann evt. schneller wieder in der Lage sich diesen anzunehmen und somit einfach was Anderes in den Kopf zu kriegen als das Jagdobjekt.

Tendenziell würde ich zu diesem Zweck aber wohl eher direkt zum Hund gehen und ihm die Bratwurst vor die Nase halten, bis er sie haben will, da hab ich vermutlich schneller das Ziel erreicht, als wenn ich warte dass er den Geruch von den Leckerchen am Boden wahrnimmt.

Grundsätzlich kann man aber beim sogenannten Jagdverhalten oftmals falsch liegen. Wichtig ist es daher meines Erachtens die wahre Emotion zu prüfen, die dahinter liegt, das wird oft nicht bedacht. Es gibt die Hunde, die wollen jagen und beginnen zu kreischen oder "jodeln" oder bellen, wenn sie nicht können und an der Leine zurück gehalten werden. Es gibt aber auch die Hunde, die wollen VERtreiben, dort handelt es sich um eine Reaktion auf eine vermeintliche Gefahr und hier macht die Gegenkonditionierung wie immer sie auch aussehen mag wieder absolut Sinn.

Hab ich Deine Frage beantworten können?

Liebe Grüße,

Katrin

 
Dann bin ich wieder bei meinem Anfangsstand, nämlich dass man dann eben gleich mit der Bratwurst dastehen kann ;)
Hat mich einfach wunder genommen, ob es da noch ganz andere Hintergründe hat die ich evtl. nicht erkannt hätte :)