Einfluss der Herkunft bei Tierschutzhunden ...

Shila

Erfahrener Benutzer
02. Feb. 2011
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...oder so, find grad keinen geeigneten Titel für das Thema. :)
Hm, mir geistert da eine Frage im Kopf rum und ich würde gerne mal Eure Meinung, resp. Eure Erfahrungen hören.
Mal angenommen, man übernimmt einen Tierschutzhund mit nachweisbar hervorragender Abstammung, dem jedoch von Beginn seines Lebens weg nur Schlechtes widerfahren ist.
Denkt Ihr, mit so einem Hund ist es einfacher zu arbeiten, als mit einem Hund, der denselben Werdegang durchlebt hat, jedoch keine Hinweise auf seine Herkunft bekannt sind? (z.B. Hunde, die aus Spanien kommen, über deren Abstammung ist ja so gut wie nie etwas bekannt.)
Denkt Ihr, dass auch bei einem völlig verkorksten Hund aus guter Zucht die "guten Gene" trotzdem zum Zug kommen und die Bemühungen, so einen Hund wieder "hinzubiegen", schneller Früchte tragen?
Bei meinem Atti ist ja Ersteres der Fall, wobei ich bei der Uebernahme nicht wusste, dass er ursprünglich aus einer nahmhaften Zucht kommt. Er stammt, wie ich im Nachhinein erfahren habe, aus einer Rennlinie, wo unter anderm stark auf Führigkeit geachtet wurde.
Und ja, ich mit meinem bescheidenen Wissen denke schon, dass diese, dem Zuchtziel entsprechend, guten Eigenschaften durchscheinen und mir das Ganze erleichtert haben.
Was denkt Ihr darüber, resp. was habt Ihr für Erfahrungen gemacht?

 
ja, das denke ich. ich hab darüber sogar was gelesen aber schlag mich, ich weiss nicht mehr von wem das war. da gab es eine studie dazu.
habe dazu nur eine erfahrung gemacht: whippetjunghund wurde nach brasilien vermittel. wegen tollwut und titet etc. konnte er nicht im normalen abgabealter für welpen umziehen, sondern musste länger in der zucht bleiben. geboren war er um den 20. februar, ausgezogen ist er am 23. august. dazwischen war er mehrmals bei mir (also weg vom kennel), lernte katzen, kaninchen, andere hunde kennen und natürlich machte auch die züchterin viel mit ihm. er lernte pferde kennen, autofahren also ausser welpenschule eigentlich alles was man sonst tut wenn man sich eben einen welpen holt. zwei wochen nach seiner ankunft in brasilien musste der besitzer wegen einer schweren krebserkrankung ins spital, grosse OP, hoffen und bangen und schliesslich starb er ohne nochmals den hund gesehen zu haben. nun begann eine lange odysee (titer war zu tief um zurück in die CH kommen zu können, die farm war mehrere autostunden weit in der pampa draussen, dann gab es überschwemmungen, man konnte nich erneut impfen, dann mussten die 3 monate abgewartet werden... während der ganzen zeit war er auf der farm mit einer haushälterin zusammen (die keine ahnung von hunden insbesondere whippets hat) und dem lebenspartner des verstorbenen, der sich mit whippets ebenfalls nur am rande auskennt. er hat die farm nie verlassen (nicht können) und ausser einer andern erwachsenen whippethündin und einigen welpen vom letzten wurf, war da nichts. die farm war relativ gross, er konnte also durchaus etwas rennen. aber weder wurde ihm neues gelernt, noch gab es gelegenheit das früher gelernt zu vertiefen etc. ende mai ca. kam er endlich zurück in die CH. er hatte nichts von seinem sicheren wesen, seiner grossen selbstverständlichkeit im wesen verlernt. es war fast, als wäre er nie weg gewesen. er fuhr auto, er geht freudig auf jede andere hunderasse zu und er spielt kong und macht freudig im agi fortschritte (obwohl zuvor nie agi gemacht).
er ist aber ziemlich dominant und man merkt, dass ihm wohl keiner mehr grenzen gesetzt hat. hinzu kommt, dass er jetzt hier von seiner neuen besi sehr verwöhnt wird und grenzenlos geliebt und das ist zwar sehr schön, aber jetzt braucht er einer der ihm auch mal grenzen aufzeigt. er lebt mit zwei greyrüden zusammen und den jüngeren geht der an, frag nicht wie... sein wesen ist aber super.
ich weiss, dies ist eine etwas andere sache, aber du hast ja nach unsern erfahrungen gefragt... ;)

 
Ob es die Gene sind, weiss ich nicht. Ich denke mir, vor allem eine Rolle spielt wohl, was in den ersten Lebenswochen erlebt wird, egal wo dies ist...

Unser Chili kommt ursprünglich aus Spanien. Wir wissen von seiner Herkunft nur, dass er schon früh, also im alter von ca. 4- 6 Monaten, in die Station kam. Er wuchs dort im Rudel auf, wurde kastriert und dann in der Schweiz an uns vermittelt. Was wir wissen, er ist def. kein Strassenhund, er muss anfangs eine Familie gehabt haben. Er hat sich in der Wohnung von der ersten Minute an so verhalten, als hätter er nie etwas anderes gekannt - Geschirrklappern, Staubsauger u.ä. haben ihn nicht aus der Ruhe gebracht. Dagegen hatte er draussen Angst vor den vorbeifahrenden Zügen, Autos, Lastwagen, der Baustelle... Also Strassengeräusche kannte er kaum.
Bei Begegnungen mit Menschen hat er die ersten Tage ein leises "grummeln" hören lassen, bei kleinen Kindern hat er sich demostrativ abgewandt, die waren ihm gar nicht geheuer. Inzwischen geht er aber auf alle Menschen freundlich zu, manchmal noch etwas vorsichtig, was ich aber ganz gut finde.
Mit anderen Hunden hat er sich bisher sehr gut verträglich gezeigt. Sogar den total dominaten Papillon-Rüden in unserer Nachbarschaft hat er als Freund gewonnen, der Besitzer ist überglücklich dass es endlich mal einen Hund gibt, der mit seinem Kläffer auskommt :thumbsup:

Nun weiss nicht, ob wir einfach Glück haben, dass unser Chili nicht grössere Baustellen mitbringt als andere Hunde. Ich kann natürlich auch nicht beurteilen, ob er sich in einer anderen Familie genauso problemlos eingelebt hätte. Dass ich selbst sehr ausgeglichen bin, eine natürliche Autorität besitze und einfach auch Spass an meinem Hund habe, hilft ihm hoffentlich dabei, sich auch weiterhin so toll zu entwickeln.

Grundsätzlich denke ich, spielt vieles zu sammen. Einerseits, was hat der Hund in der Prägungsphase bzw. in der Zeit vor dem Halterwechsel erlebt, andererseits aber auch, wie ist das neue Umfeld. Wird er artgerecht als Hund behandelt, Grenzen gesetzt, an der Erziehung gearbeitet - oder verhätschelt man ihn, weil er ja ein ach so armer, armer, geretteter Hund ist, der dann "plötzlich" nur noch das macht, was er will.

 
Das kann sehr stark varrieren...
Ich habe schon oft mit verschiedenen Hunden gearbeitet.
Einmal ein Howavartrüde aus einer deutschen Zucht der im Welpenalter zu einem Mann kam, der wurde getreten und im Keller eingesperrt... Sah selten was von der Aussenwelt und kam mit 10 Monaten ins Tierheim. Es war äusserst schwierig den Hund an neue Sachen heranzuführen und was beizubringen es brauchte enorme Geduld und sehr viel Zeit. Es daurte fast 4 Monate bis man mit ihm entspannt draussen spazieren gehen konnte...

Hingegen ein Welpe egal oder Rassehund oder Mischling der gut sozialisiert wurde und erzogen wurde merkt man deutlich den Unterschied das "leichter" ist den Hund zu führen.

Es ist wirklich von Hund zu Hund unterschieden..
Einmal bekamen wir aus einem TschFall einen Bernhardiner, der nur im Hinterhof war und in seinem eigenen Dreck lag. Der kam zu uns und war von Anfang an sehr zutraulich, liess sich Baden und abscheren da er so verfilzt war. Liess sich gut führen und war sozial obwohl er nie was anderes gesehen hatte als seinen Hinterhof.

Ganz klar kann es Einflüsse seiner Herkunft haben die den Hund immer wieder prägen wird oder was davon mit sich trägt. Aber genau solchen armen gequälten Hunden sollte man sich neutral Verhalten und sie nicht zurück in die Vergangenheit holen und zeigen das sie nun ein neues Leben beginnen wo sie das alte vergessen können. Den Mitleid und ewiges oh du armes Hundchen was hast du nur alles durchgemacht kann es durchaus nur noch schlimmer machen...

 
ayla zb kommt aus einer sehr guten (abstammungs) verpaarung...
die hündin eine prämierte zuchthündin, der vater ein aus russland importierter zuchtrüde. jedoch wurde sie misshandelt und wir hatten sehr viel arbeit mit ihr, als ich sie etwa mit jährig übernahm.
sehr viele defizite und grosses misstrauen brachte sie mit.
klein cheyenne eine italienerin, abstammend von einer "wilden" hündin und einem wiederum sehr tollen rüden, wurde etwa mit 8 wochen nach deutschland gebracht.
sie hat keinerlei defizite und man merkt von ihrer ursprünglich wohl -wilden- abstammung rein gar nichts, obwohl die mutterhündin den welpen angst vor menschen wohl intensiv vorlebte.
ihre schwester jedoch wurde erst sehr viel später eingefangen, da die mutter die welpen immer wieder versteckte.
diese konnte ich auch kennen lernen und im gegensatz zu cheyenne ist sie wesentlich vorsichtiger und zeigte noch deutliche ängstlichkeiten.
fazit:
je mehr ein welpe kennen lernt und je positiver die erfahrungen, desto weniger probleme.
daher nehme ich stark an, dass die abstammung keinerlei rolle spielt.

 
Ich habe vorallem Unterschiede zu Hunden die wir von Welpenalter bei uns hatten zu den Hunden die wir aus dem Tierschutz( Alter 22 Mt.) oder als Trennungswaise (Alter 10 Mt.) in unserer Familie hatten bemerkt. Die Hündin aus dem Tierschutz hatte bestimmt die ersten sechs Monate bei ihrem Züchter eine ordentliche Aufzucht und stammte aus einer bewährten Verpaarung und Linie. Vermutlich wurde jedoch nicht allzuviel mit ihr unternommen und sie kaum an einiges herangeführt. Die Zwischenstation beim nächsten Besitzter hat sie vermutlich eher stärker geprägt mit all den Baustellen die es dann bei uns aufzuarbeiten galt. Und anschliessend der Tierheimaufenthalt mit Aufzucht ihrer Welpen hat ein weiteres dazu beigetragen, bevor sie dann zu uns kam. Die andere Hündin stammte auch aus einer bekannten und bewährten Verpaarung und wurde in den ersten 10 Monaten ihren Lebens an sehr viele Umweltreize herangeführt. Bei beiden Hunden war/ist ein Unterschied zu spühren zu den Hunden welche wir ab dem Alter von neun/zehn Wochen bei uns aufgenommen haben und welche keine Zwischenstationen erlebt haben. Obwohl was das Arbeiten mit den Hunden betrifft dies auch von der Rasse unterschiedlich war und jeweils ob Arbeitslinie oder Schönheitslinie.