Copyright by Thomas Riepe
Leckerchen - Sinnvolles Mittel der Hundeerziehung?
Ich weiß nicht genau warum das so ist, aber es gibt wohl kaum eine gesellschaftliche Gruppierung, eine Gemeinschaft mit gleichen Interessen oder wie immer man es nennen möchte, die dermaßen zerstritten ist wie die so genannte „Hundeszene“ in Mitteleuropa. Ein hochgradig interessantes gesellschaftliches Phänomen, mit dem ich mich in späteren Artikeln dieses Blogs noch näher beschäftigen möchte, weil ich denke, dass die Zerrissenheit und die Rechthaberei unter den Menschen, die einen Bezug zum Hund haben, letztlich sehr schädlich sind. Schädlich für Menschen, aber in erster Linie für die Hunde…
Hier möchte ich mich zunächst aber einem konkreten Beispiel dieser Streitigkeiten widmen. Den Leckerchen. Ich stelle vermehrt fest, dass Hundeexperten, Hundetrainer oder wie immer man Menschen auch nennen will, die mit Hunden und/oder deren Haltern arbeiten. Wie auch immer, nach meiner individuellen Wahrnehmung ist es im Moment „Mode“, eine Hundeerziehung über Leckerchen zu verteufeln. Genauso, wie es vor einigen Jahren praktisch als die einzige Möglichkeit der Hundeerzeihung genannt wurde, Hunde immer mit Nahrung vollzustopfen, wenn sie einmal etwas richtig gemacht haben. Beides halte ich für bedenklich - aus mehreren Gründen. Zunächst jedoch zu den „Leckerchengegnern“. Oft wird von diesen das Argument angebracht, dass ein Hund über Leckerchen nicht wirklich lernen könnte, sondern nur konditioniert würde und so ein Leckerli gesteuerter Roboter sei. Solche Aussagen von Hundetrainern, „Hundeexperten“ erstaunen mich in schönster Regelmäßigkeit. Man kann über viele Dinge diskutieren und eigene Interpretationen zu Sachverhalten äußern, aber das Konditionierung das Lernen verhindert, ist nach heutigen, allgemein anerkannten wissenschaftlichen Lerntheorien schon eine, sagen wir es vorsichtig, „merkwürdige Aussage“. Konditionierung ist nämlich ein elementarer Bestandteil des Lernens. Ich möchte hier nicht in die trockenen und wissenschaftlichen Definitionen von Lerntheorien, klassischer und operanter Konditionierung abgleiten. Ich stelle es mal ganz verständlich dar. Wenn ich etwas mache, wenn ich eine Handlung ausführe, folgt dieser eine Konsequenz. Wenn ich den Zündschlüssel meines Fahrzeugs herumdrehe, springt das Auto an. Wenn ich freundlich zu einem Menschen bin, ist dieser auch freundlich. Das Wissen um die der Handlung folgenden Konsequenz nennt man auch operante Konditionierung. Das Lernen, dass mein Auto anspringt, wenn ich den Schlüssel drehe, ist nichts weiter als Konditionierung. Wenn einem Hund beigebracht wird, wenn er sich bei einem bestimmten Wort setzt und darauf ein Leckerchen folgt, ist natürlich Konditionierung – aber eben genauso „Lernen“. Konditionierung ist also nicht etwa das Gegenteil von Lernen, sondern ein wirklich elementarer Bestandteil des Lernens. Und wenn ich einem Hund ein Verhalten, welches ich von ihm wünsche, über Nahrung beibringe, ist das nur Eines: Lernen über Konditionierung. Der Hund weiß, was ich von ihm erwarte, er versteht, was ich von ihm möchte. Konditionierung ist Lernen – nicht mehr und nicht weniger. Ganz gut und verständlich erläutert ist das z. B. hier: http://psychologie-news.stangl.eu/99/konditionierung
Wenn also ein Hundeexperte die Konditionierung über Leckerchen verflucht und als Gegenteil von Lernen beschimpft, sollte man gewarnt sein. Entweder fehlt diesem Experten eine ganze Menge an Wissen, oder er nutzt diese Aussagen bewusst manipulierend, um sich und seine Methoden zu rechtfertigen oder eine Einzigartigkeit zu suggerieren. So kann ich mich an den Vortrag eines bekannten deutschen Hundetrainers auf einer Hundemesse in Münster, am 26.1.2011 erinnern. Dieser Trainer behauptete wirklich, dass Lernen über Leckerchen nichts mit Lernen zu tun hätte, sondern nur Konditionierung wäre. Erschreckend, wenn man so etwas von einem Hundetrainer hört, der sehr viele Menschen erreicht…
Also, es ist nach meiner Meinung und nach lerntheoretischen Gesichtspunkten sicher nicht verwerflich, einen Hund mit Leckerchen, über Nahrung, auszubilden. Damit er versteht, damit er lernt, was ich von ihm möchte. Allerdings sollte das nicht so weit führen, dass ich den Hund ein Leben lang für jeden richtigen Schritt mit Leckerchen vollstopfe. Eine positive Konsequenz für eine Handlung, die erlernt werden soll, die erwünscht ist, kann auch anders aussehen. Es kann ein freundliches Wort sein, ein streicheln, ein Spiel etc. Ganz normal so, wie in einer sozialen Beziehung, wie in einem sozialen Umfeld gelernt wird. Lernen, Konditionierung dadurch, dass das erwünschte Verhalten positive soziale Konsequenzen hat. Das sollte in meinen Augen eine gesunde Mischung sein. Mich befremdet es ehrlich gesagt, wenn heute immer nur eine Möglichkeit der Hundeausbildung, des Lernens, als richtig oder falsch angesehen wird. Schwarz und weiß, gut und böse, Hundetrainer A gegen Hundetrainer B. Kann es sein, dass Hundeerzeihung heute viel weniger mit Hunden zu tun hat, als vielmehr mit Problemen der menschlichen Gesellschaft? Mir scheint es manchmal so…
Wir sollten vielleicht weg von den persönlichen Eitelkeiten in der Hundeszene, hin zu einem Miteinander und Austausch in Interesse der Hunde. In meinem naiven Glauben, dass doch allen Hundeexperten das Wohl der Hunde am Herzen liegt.
Hundeexperten, die einen gewissen moralischen Standard verlassen, kann ich persönlich da natürlich nicht mit einbeziehen. Alle, die mit jeglicher Form von Gewalt, Würge –und/oder Stachelhalsbändern etc. arbeiten, fallen bei mir durch das Raster. Alle anderen sollten endlich lernen, weniger die Gegensätze zu suchen, als vielmehr die Gemeinsamkeiten. Denn eines haben wir ja sicher gemeinsam. Die Zuneigung zu den Hunden…
Bei Interesse: Alle Beiträge zu lesen unter:
http://klartexthund.blogspot.com/
Leckerchen - Sinnvolles Mittel der Hundeerziehung?
Ich weiß nicht genau warum das so ist, aber es gibt wohl kaum eine gesellschaftliche Gruppierung, eine Gemeinschaft mit gleichen Interessen oder wie immer man es nennen möchte, die dermaßen zerstritten ist wie die so genannte „Hundeszene“ in Mitteleuropa. Ein hochgradig interessantes gesellschaftliches Phänomen, mit dem ich mich in späteren Artikeln dieses Blogs noch näher beschäftigen möchte, weil ich denke, dass die Zerrissenheit und die Rechthaberei unter den Menschen, die einen Bezug zum Hund haben, letztlich sehr schädlich sind. Schädlich für Menschen, aber in erster Linie für die Hunde…
Hier möchte ich mich zunächst aber einem konkreten Beispiel dieser Streitigkeiten widmen. Den Leckerchen. Ich stelle vermehrt fest, dass Hundeexperten, Hundetrainer oder wie immer man Menschen auch nennen will, die mit Hunden und/oder deren Haltern arbeiten. Wie auch immer, nach meiner individuellen Wahrnehmung ist es im Moment „Mode“, eine Hundeerziehung über Leckerchen zu verteufeln. Genauso, wie es vor einigen Jahren praktisch als die einzige Möglichkeit der Hundeerzeihung genannt wurde, Hunde immer mit Nahrung vollzustopfen, wenn sie einmal etwas richtig gemacht haben. Beides halte ich für bedenklich - aus mehreren Gründen. Zunächst jedoch zu den „Leckerchengegnern“. Oft wird von diesen das Argument angebracht, dass ein Hund über Leckerchen nicht wirklich lernen könnte, sondern nur konditioniert würde und so ein Leckerli gesteuerter Roboter sei. Solche Aussagen von Hundetrainern, „Hundeexperten“ erstaunen mich in schönster Regelmäßigkeit. Man kann über viele Dinge diskutieren und eigene Interpretationen zu Sachverhalten äußern, aber das Konditionierung das Lernen verhindert, ist nach heutigen, allgemein anerkannten wissenschaftlichen Lerntheorien schon eine, sagen wir es vorsichtig, „merkwürdige Aussage“. Konditionierung ist nämlich ein elementarer Bestandteil des Lernens. Ich möchte hier nicht in die trockenen und wissenschaftlichen Definitionen von Lerntheorien, klassischer und operanter Konditionierung abgleiten. Ich stelle es mal ganz verständlich dar. Wenn ich etwas mache, wenn ich eine Handlung ausführe, folgt dieser eine Konsequenz. Wenn ich den Zündschlüssel meines Fahrzeugs herumdrehe, springt das Auto an. Wenn ich freundlich zu einem Menschen bin, ist dieser auch freundlich. Das Wissen um die der Handlung folgenden Konsequenz nennt man auch operante Konditionierung. Das Lernen, dass mein Auto anspringt, wenn ich den Schlüssel drehe, ist nichts weiter als Konditionierung. Wenn einem Hund beigebracht wird, wenn er sich bei einem bestimmten Wort setzt und darauf ein Leckerchen folgt, ist natürlich Konditionierung – aber eben genauso „Lernen“. Konditionierung ist also nicht etwa das Gegenteil von Lernen, sondern ein wirklich elementarer Bestandteil des Lernens. Und wenn ich einem Hund ein Verhalten, welches ich von ihm wünsche, über Nahrung beibringe, ist das nur Eines: Lernen über Konditionierung. Der Hund weiß, was ich von ihm erwarte, er versteht, was ich von ihm möchte. Konditionierung ist Lernen – nicht mehr und nicht weniger. Ganz gut und verständlich erläutert ist das z. B. hier: http://psychologie-news.stangl.eu/99/konditionierung
Wenn also ein Hundeexperte die Konditionierung über Leckerchen verflucht und als Gegenteil von Lernen beschimpft, sollte man gewarnt sein. Entweder fehlt diesem Experten eine ganze Menge an Wissen, oder er nutzt diese Aussagen bewusst manipulierend, um sich und seine Methoden zu rechtfertigen oder eine Einzigartigkeit zu suggerieren. So kann ich mich an den Vortrag eines bekannten deutschen Hundetrainers auf einer Hundemesse in Münster, am 26.1.2011 erinnern. Dieser Trainer behauptete wirklich, dass Lernen über Leckerchen nichts mit Lernen zu tun hätte, sondern nur Konditionierung wäre. Erschreckend, wenn man so etwas von einem Hundetrainer hört, der sehr viele Menschen erreicht…
Also, es ist nach meiner Meinung und nach lerntheoretischen Gesichtspunkten sicher nicht verwerflich, einen Hund mit Leckerchen, über Nahrung, auszubilden. Damit er versteht, damit er lernt, was ich von ihm möchte. Allerdings sollte das nicht so weit führen, dass ich den Hund ein Leben lang für jeden richtigen Schritt mit Leckerchen vollstopfe. Eine positive Konsequenz für eine Handlung, die erlernt werden soll, die erwünscht ist, kann auch anders aussehen. Es kann ein freundliches Wort sein, ein streicheln, ein Spiel etc. Ganz normal so, wie in einer sozialen Beziehung, wie in einem sozialen Umfeld gelernt wird. Lernen, Konditionierung dadurch, dass das erwünschte Verhalten positive soziale Konsequenzen hat. Das sollte in meinen Augen eine gesunde Mischung sein. Mich befremdet es ehrlich gesagt, wenn heute immer nur eine Möglichkeit der Hundeausbildung, des Lernens, als richtig oder falsch angesehen wird. Schwarz und weiß, gut und böse, Hundetrainer A gegen Hundetrainer B. Kann es sein, dass Hundeerzeihung heute viel weniger mit Hunden zu tun hat, als vielmehr mit Problemen der menschlichen Gesellschaft? Mir scheint es manchmal so…
Wir sollten vielleicht weg von den persönlichen Eitelkeiten in der Hundeszene, hin zu einem Miteinander und Austausch in Interesse der Hunde. In meinem naiven Glauben, dass doch allen Hundeexperten das Wohl der Hunde am Herzen liegt.
Hundeexperten, die einen gewissen moralischen Standard verlassen, kann ich persönlich da natürlich nicht mit einbeziehen. Alle, die mit jeglicher Form von Gewalt, Würge –und/oder Stachelhalsbändern etc. arbeiten, fallen bei mir durch das Raster. Alle anderen sollten endlich lernen, weniger die Gegensätze zu suchen, als vielmehr die Gemeinsamkeiten. Denn eines haben wir ja sicher gemeinsam. Die Zuneigung zu den Hunden…
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