Unglaublicher Artikel heute in der Basler Zeitung:
Teures Gassi-Gehen
Von Heinz Eckert
Die kleine Pudeldame ist zwar äusserst gut erzogen, hat aber eine charakterliche Besonderheit: Sie kann ihr Geschäft nur verrichten, wenn sie nicht an der Leine ist. Das macht aber nichts, da sie problemlos bei Fuss läuft und ihre Begleiter nur verlässt, wenn sie darf. Da in Basel nach 22 Uhr alle Hunde nur noch an der Leine gehalten werden dürfen, wird der Pudel deshalb stets vor diesem Zeitpunkt ausgeführt.
An einem Freitagabend kam es anders. Das letzte Gassi-Gehen des Tages musste warten, bis die Gäste das Haus verlassen hatten. Und da war es bereits zwischen 23.32 Uhr und 23.43 Uhr, wie die Polizei in ihrem Rapport festhielt. Der Halter des Pudels hatte nämlich auch um diese Zeit nicht daran gedacht, den kleinen Hund an die Leine zu nehmen; er rechnete am späten Freitagabend auch nicht mit einer Polizeikontrolle. Er rechnete falsch. Plötzlich hielt in der ruhigen Socinstrasse ein Streifenwagen mit einer Polizistin und einem Polizisten, die den Hundebesitzer stellten. Er erlaubte sich die Frage, ob es zu diesem Zeitpunkt nicht andere Aufgaben für die Polizei gebe, als in einem Wohnquartier Hunde und ihre Besitzer zu kontrollieren. Dann begab er sich auf den Heimweg.
Dieses Verhalten kam bei den beiden Polizisten schlecht an. Sie kehrten durch die Eulerstrasse in verbotener Richtung (Einbahn) in die Socinstrasse zurück und verlangten vom Hunde*besitzer sämtliche persönlichen Daten inklusive Namen, Vornamen und Geburtsdaten seiner längst verstorbenen Eltern.
Der Abend wurde für den unbescholtenen Mann teuer: Da er den «Vorschriften über die Haltung von Hunden mehrfach zuwidergehandelt» und «den Polizeibeamten den Dienst erheblich erschwert» hatte, wurde er mit 500 Franken Busse und 200 Franken Gebühren sowie fünf Franken «Auslagen» bestraft. Ersatzweise könnte der Gebüsste auch eine Freiheitsstrafe von fünf Tagen antreten.
Es besteht kein Zweifel: Die Polizisten haben bloss ihre Pflicht erfüllt. Gleichzeitig haben sie aber den fehlbaren Hundehalter zu einem wütenden Bürger gemacht. Denn es ist schwer einsehbar, weshalb die Polizei an einem späten Freitagabend, wo es laufend zu Schlägereien und anderen Ausschreitungen kommt und betrunkene Autofahrer unterwegs sind, ausgerechnet in einem ruhigen Wohnquartier eine Einbahnstrasse missachtet, um einen Hundehalter wie einen Verbrecher anzuhalten, zu kontrollieren und anzuzeigen.
Aber vielleicht ist es für die Polizei angenehmer, spätabends in ruhigen Wohnquartieren zu patrouillieren, als Gefahr zu laufen, sich andernorts mit betrunkenen Gewalttätern auseinander*zusetzen.
Doch wo blieb das Augenmass der Ordnungshüter? Und in welchem Verhältnis steht das Strafmass von fünf Tagen Haft zu Strafen für richtige Kriminelle?
Da liegt wohl der Hund begraben.
Teures Gassi-Gehen
Von Heinz Eckert
Die kleine Pudeldame ist zwar äusserst gut erzogen, hat aber eine charakterliche Besonderheit: Sie kann ihr Geschäft nur verrichten, wenn sie nicht an der Leine ist. Das macht aber nichts, da sie problemlos bei Fuss läuft und ihre Begleiter nur verlässt, wenn sie darf. Da in Basel nach 22 Uhr alle Hunde nur noch an der Leine gehalten werden dürfen, wird der Pudel deshalb stets vor diesem Zeitpunkt ausgeführt.
An einem Freitagabend kam es anders. Das letzte Gassi-Gehen des Tages musste warten, bis die Gäste das Haus verlassen hatten. Und da war es bereits zwischen 23.32 Uhr und 23.43 Uhr, wie die Polizei in ihrem Rapport festhielt. Der Halter des Pudels hatte nämlich auch um diese Zeit nicht daran gedacht, den kleinen Hund an die Leine zu nehmen; er rechnete am späten Freitagabend auch nicht mit einer Polizeikontrolle. Er rechnete falsch. Plötzlich hielt in der ruhigen Socinstrasse ein Streifenwagen mit einer Polizistin und einem Polizisten, die den Hundebesitzer stellten. Er erlaubte sich die Frage, ob es zu diesem Zeitpunkt nicht andere Aufgaben für die Polizei gebe, als in einem Wohnquartier Hunde und ihre Besitzer zu kontrollieren. Dann begab er sich auf den Heimweg.
Dieses Verhalten kam bei den beiden Polizisten schlecht an. Sie kehrten durch die Eulerstrasse in verbotener Richtung (Einbahn) in die Socinstrasse zurück und verlangten vom Hunde*besitzer sämtliche persönlichen Daten inklusive Namen, Vornamen und Geburtsdaten seiner längst verstorbenen Eltern.
Der Abend wurde für den unbescholtenen Mann teuer: Da er den «Vorschriften über die Haltung von Hunden mehrfach zuwidergehandelt» und «den Polizeibeamten den Dienst erheblich erschwert» hatte, wurde er mit 500 Franken Busse und 200 Franken Gebühren sowie fünf Franken «Auslagen» bestraft. Ersatzweise könnte der Gebüsste auch eine Freiheitsstrafe von fünf Tagen antreten.
Es besteht kein Zweifel: Die Polizisten haben bloss ihre Pflicht erfüllt. Gleichzeitig haben sie aber den fehlbaren Hundehalter zu einem wütenden Bürger gemacht. Denn es ist schwer einsehbar, weshalb die Polizei an einem späten Freitagabend, wo es laufend zu Schlägereien und anderen Ausschreitungen kommt und betrunkene Autofahrer unterwegs sind, ausgerechnet in einem ruhigen Wohnquartier eine Einbahnstrasse missachtet, um einen Hundehalter wie einen Verbrecher anzuhalten, zu kontrollieren und anzuzeigen.
Aber vielleicht ist es für die Polizei angenehmer, spätabends in ruhigen Wohnquartieren zu patrouillieren, als Gefahr zu laufen, sich andernorts mit betrunkenen Gewalttätern auseinander*zusetzen.
Doch wo blieb das Augenmass der Ordnungshüter? Und in welchem Verhältnis steht das Strafmass von fünf Tagen Haft zu Strafen für richtige Kriminelle?
Da liegt wohl der Hund begraben.