Trieb und Lernen

BarbaraK

Erfahrener Benutzer
01. Juni 2011
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Ich habe mal eine kleine Frage an euch. Gestern habe ich mich lange mit einer Bekannten (hat ebenfalls eine Trainerausbildung) darüber unterhalten, wie man den Trieb eines Hundes im Training nutzen kann. Ich bin der Ansicht, dass das durchaus möglich ist und ein gewisser Trieb (natürlich darf der Hund nicht völlig kopflos sein) hilfreich ist. Alles natürlich abhängig vom jeweiligen Hund. Bei meinem Hund arbeite ich sehr viel über ihren Trieb. Die Freundin von mir meinte hingegen, dass das gar nicht möglich sei, weil dann kein Lernen stattfinde.

Daher nun meine Frage an euch, wie seht ihr das und wie nutzt ihr die Triebe eurer Vierbeiner z.b. im Training?

 
Hmmm, die Frage ist: wie definiert ihr "Lernen"?

Wenn ich meinem Hund beibringen will, seinen Kong auszugeben und ihm dabei mit der der Leberwursttube vor der Schnauze rumwedle und damit seinen Fresstrieb ausnütze und das dann irgendwann mit einem Kommando verknüpfe und das so oft wiederhole, bis er beim Wort "aus" den Kong ausspuckt, anfängt zu speicheln und die Leberwurst sucht, ist das dann Lernen? Wahrscheinlich eher Konditionieren, oder? Ich habs nicht so mit den Fachausdrücken aus der Tierverhaltensecke aber du weisst sicher was ich meine.

Wenn ich in diesem Beispiel mit dem Clicker vor meinem Hund-mit-Kong-zwischen-Zähnen stände und geduldig warten würde, bis er denn dann mal irgendwann die Zähne auseinanderbringt und ich das dann mit Click+Guddeli belohnen kann, wäre das wohl eher Lernen.

Ich nutze Amigas Triebe ganz oft im Training. Das mit dem Warten bis Hund selber die Lösung anbietet, dauert mir meistens zu lange. Ich bin da zu zielorientiert. Ausser ich will Amiga irgend einen neuen Trick beibringen, das finde ich dann spannender übers Shapen.

Wie ich Amigas Triebe im Training nutze? Naja, ihr ausgeprägtester Trieb ist wohl der Fresstrieb :ugly: , drum arbeite ich viel mit Futterbelohnung auch mal mit Locken. Der ebenfalls sehr gut ausgeprägte Trieb bei ihr ist das Apportieren. Dadurch kann ich gut mit extern deponierten Belohnungen arbeiten. Gerade bei Übungen für den Stop-Pfiff :D kann ich mir das zu Nutzen machen.

 
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Was ist denn Fährten nach dieser Trainingskollegin? Da nutzt man ja den Jagdtrieb und trotzdem lernt der Hund z.B. wie sich der Mensch das Fährte ablaufen vorstellt. Der Hund würde es ja anders machen.

Hatte übrigens mal eine ähnliche Diskussion. Das war mit einer Trainerin die ich vor allem in die Ecke Dressur stecke. Also Hund soll viele Trickli können, alles wird über positive Konditionierung gelernt. Vom wirklichen Führen eines Hundes hatte sie aber keinen Plan. Und wehe ein Hund kam mal aus dem Verhalten "Ich-befolge-deine-Dressurkommandos" aus, dann war nichts mehr zu wollen.

Ein Hund lernt mit Garantie im Triebverhalten, solange er nicht in den roten Bereich kommt. Ein Hund lernt doch aus der Erfahrung, wenn ich einer Katze nach jage und die Stehenbleibt und mich anfaucht und mit der Pfote kommt, dann kann das Aua machen, wenn es ihm mal passiert ist. (Natürlich gibt es da auch Wuffis die unbelehrbar sind) Aber der Hund ist doch ganz klar im Trieb und lernt aus einer Erfahrung. Löse ich also beim Hund ein Triebverhalten aus und er macht darin eine Erfahrung (hoffentlich eine Positive) dann hat er doch im Trieb gelernt.

Dummyarbeit, ist doch eine Arbeit im Triebverhalten. Wie will ich einem Hund irgendetwas aus der Dummyarbeit beibringen ohne dass da Jagdtrieb mitspielt?

Spielen ist ja kein eigener Trieb, sondern ein Ausleben der verschiedenen Triebe. Ja, wenn dann da Einer dem Anderen deutlich macht, dass er das nicht will oder zu weit geht, dann lernt der Eine das auch und je nach Sozialverhalten wird er dies künftig berücksichtigen. Ergo, er hat was gelernt und das während dem Ausleben verschiedenster Triebe.

 
Ich bin ebenfalls der Meinung, dass der Trieb beim Lernen hilfreich sein kann.

Bestes Beispiel ist Tabascos perfekte Impulskontrolle am Spielzeug: Durch seine ausgeprägte Spielfreudigkeit (was ja auch aus einem Trieb kommt) hat sich diese Impulskontrolle wie von selbst ergeben. Indem ich ihm in seiner freudigen Anspannung das Spieli jeweils nur mit einem gleichzeitigen Kommando überlassen habe.

Gerade bei Hüte- oder Apportierhunden kann man den "Will to please" auch als eine Art Trieb bezeichnen.

Ich denke, dass es schwierig ist, Hunde mit wenig Trieb zum Lernen zu begeistern. Und in diesem Zusammenhang habe ich die Erfahrung gemacht, dass alles, was mit freudigem Eifer erlernt wurde, lieber ausgeführt wird und somit auch zuverlässiger.

Aber wenn zuviel Trieb da ist, kann dies das Lernen behindern.

Das sehe ich bei Tabasco: In gewissen Situationen nimmt er mich nicht mal mehr wahr, in anderen ist er immer noch zu triebig, als dass ein Lernen möglich wäre. Wenn ich z.B. seinen Spieltrieb stark wecke und dann eine präzise UO verlange, wird er zu fahrig. Oder auch bei neuen Tricks einüben. Da können wir seine Triebigkeit schlecht brauchen.

 
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Ich denke, man muss "Trieb" ein bisschen genauer definieren. Jeder Hund hat gewisse Triebe. Sonst würde er morgens nicht einmal aufstehen und stattdessen sterben. Also gehört zum Arbeiten mit dem Hund immer Trieb.

Meint deine Kollegin nicht statt Trieb eher ein gewisses Stresslevel? Stress kann ja positiv und negativ sein (Eustress und Distress, blabla...). Wenn ich mich recht erinnere, kann auch der Eustress überborden und so Lernen verhindern, da die Cortisolausschüttung im Körper zu hoch ist. Um überhaupt etwas lernen zu wollen braucht es aber ein bisschen Stress. Wieviel es verträgt, damit noch Lernen stattfindet, hängt wohl vom Hund ab, auf was er wie reagiert, wie und ob er sich Training gewohnt ist, etc.

 
Ja, ich denke langsam auch, dass sie das nicht ganz voneinander trennen kann. Solange mein Hund nicht zu hoch dreht (einfach das Erregungslevel nicht zu hoch wird) kann auch im Trieb Lernen stattfinden.

 
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wenn ich mal von der leberwurst und dem fresstrieb absehe, gibt es ja noch verschiedene andere triebe die je nach hund, linien, verpaarungen und erziehung mehr oder weniger stark ausgeprägt sind. was sicher auch mit dem wie der hund gehalten und erzogen wird zusammenhängt.

bei meinen zwei hunden sind sicht- und spürbar verschieden starke triebe vorhanden. mein spaniel würde gern seinen meute- und beutetrieb noch mehr ausleben können...mein flat hat einen ganz extrem ausgeprägten spiel- und jagtrieb indem er auch extremst gern apportiert und gegenstände sucht. je nachdem wie ich das fördere und auch fordere umso stärker wird das - jedenfalls scheint mir das so zu sein.

ich selber locke meine hunde eigentlich nie mit futter, bei mir gibt es futter wirklich nur ab und zu als belohnung für eine wirklich gute leistung (z.b. das zurückkommen auf pfiff und wirklich nur beim erstenmal). normalerweise spiele ich zur belohnung ein kurzes spiel mit meinen hunden, was sie sehr schätzen. dem geht aber eigentlich immer vorher ein intensives lernen voraus, wir üben ein bestimmtes verhalten ein - das fällt meinen hunden leicht weil sie schon einen gewissen lerntrieb mitbringen, beide arbeiten gern, sprich sie sind richtig verrückt darnach.

ich hatte vorher einen flat der dreimal ein dummy gebracht hat, darnach war es für ihn völlig uninteressant (er hatte seine leistung gebracht!) und er legte sich hin und wartete vermutlich auf den feierabend. es war sinnlos ihn dann davon  überzeugen zu wollen, dass es noch andere übungen gab, mir schien dass er das gar nicht wissen wollte. er war einfach nicht dazu zu bewegen etwas mehr zu machen oder etwas neues zu lernen. momo war nie sehr triebig und das ist noch übertrieben ausgedrückt, trotzdem haben wir ihn über alles geliebt.

meine meinung ist wohl eher die, dass ein hund mit wenig trieb auch schlecht für die hundearbeit einzusetzen ist. und es triebige hunde für eine gute leistung in der hundearbeit braucht.

lg susann

 
Was verstehst du denn unter Trieb, Barbara? In der Verhaltensforschung kommt der Begriff ja nicht mehr vor, aber im Hundesport ist er noch sehr verbreitet. Ich tu mich schwer damit, da er so schwammig angewendet wird. Mal ist was Angeborenes gemeint, mal wird von "Trieb machen" gesprochen, also etwas von aussen.... :confused:

PS: ach ja, und die Unmengen von "Trieben", von denen manche Hündeler reden, ist einfach blödsinnig

 
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Ja ich weiss, hatte schon beim Schreiben den Herrn Ganslosser im Ohr ;) Naja ich meine natürlich das Verhalten, also Beutefangverhalten z.b.wie es nun heisst.

 
Also, wenn ich mir das nochmals durchlese, scheint es, dass die Bekannte mit "Trieb" ein zu hohes Erregungsniveau meint. Es reden nicht wenige davon, dass der Hund halt triebig sei, wenn er übereifrig und überdreht ist. Da ist effizientes Lernen nur schwer möglich.

Aber selbstverständlich nutzt man doch im Training auch die Anlagen/Instinkte des Hundes, ich arbeite lieber mit ihnen als gegen sie. So habe ich das apportieren bei Splash nie formell, sondern gesamtheitlich über die Bringfreude aufgebaut. Und dabei natürlich kräftig an der Motivation geschraubt - drum mag ich den Triebbegriff nicht, Motivation ist so vielschichtig. Aber Splash würde sicher unter die gängige Vorstellung eines triebigen Hundes fallen. :cool:

 
Was verstehst du denn unter Trieb, Barbara? In der Verhaltensforschung kommt der Begriff ja nicht mehr vor, aber im Hundesport ist er noch sehr verbreitet. Ich tu mich schwer damit, da er so schwammig angewendet wird. Mal ist was Angeborenes gemeint, mal wird von "Trieb machen" gesprochen, also etwas von aussen.... :confused:

PS: ach ja, und die Unmengen von "Trieben", von denen manche Hündeler reden, ist einfach blödsinnig
Mich würde total interessieren, wie denn das neu definiert wird oder ausgelegt. Könnte das jemand etwas ausführen oder erklären? Sonst gerne auch in einem separaten Thread. Scheine da nicht wirklich up-to-date zu sein und würde mich brennend interessieren. *ganzliebguck*

 
Danke Barbara :)

Gerade die *Bedeutung von Stress" im Zusammenhang mit Lernen trifft es recht genau mit dem was ich bei Larson auch beobachte. Stress ist nicht schädlich und es kommt zu Blockaden! Nur das "Maas" ist entscheidend um auch Lernen zu können.

 
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