Belohnung od. Bestechung / Trends in der Hundeerziehung

Disthen

Mitglied
26. Jan. 2009
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Hallo zusammen!

Bin per Zufall neulich über diesen Text gestossen und fand ihn wirklich gut. Hat mir persönlich so ein innerliches Warnlämpchen aufleuchten lassen, mich wieder vermehrt darauf zu achten, die Hand nicht zu früh Richtung Guddeli-Tasche zu bewegen und auch über den Rest musste ich schmunzeln. Also wollte ich ihn euch nicht vorenthalten. Die Quelle ist übrigens "die Aschaffenburger Hundeschule" von Petra Führmann & Iris Franzke.

Belohnung oder Bestechung? [h=1]Bestechung oder Belohnung?[/h]

Ich bin ja nun schon seit über 25 Jahren in der „Hundeerziehungsszene“ unterwegs (hui.. ich werde alt :) und habe schon einige Trends kommen und gehen sehen.

„Zu meiner Zeit“, will sagen, vor 25 Jahren war die Leckerchengabe absolut verpönt und ein Zeichen von schlimmer „Bestechung“. Der Hund hatte gefälligst nach dem in jedem Vereinsheim zu findenden Spruch “ Der Hund ist mir im Sturme treu, der Mensch nicht mal im Winde“ zu funktionieren. Tat er das nicht, wurde dies bis zu einem Alter von einem Jahr gar nicht und dann von jetzt auf gleich mit Stachelhalsband, Schlägen, Aufhängen oder der Dachlatte (kein Scherz!) geahndet. Schlimme Zeiten waren dies, obwohl auch damals schon – glühend von mir verehrt – Altmeister Trumler von den positiven Auswirkungen einer geschickten Früherziehung berichtete. Nun - meine diesbezüglichen Versuche in der Missionierung meiner Vereinskollegen endeten mit einem etwas überhasteten Austritt sowie der ebenso überhasteten Gründung meiner Selbständigkeit.

Seit dem gab und gibt es viele, verschiedene Methoden. Viele davon absolut sinnvoll und von uns auch in unseren Weg der Hundeerziehung integriert. Einige reichlich abstrus (oder möchten Sie jeden Morgen Urin abfüllen und eifrig über die Pinkelstellen ihres Hund „markieren“?) oder schlichtweg falsch (sogar, den Hund zu bestrafen, wenn er zurückkommt, erlebt derzeit eine Renaissance. Letzteres sogar begründet mit einer Beobachtung von Eberhard Trumler, der dies aber keinesfalls als Erziehungsmethode ansah!).

„In“ ist derzeit die Werbung einiger Hundetrainer, sie arbeiteten ohne Hilfsmittel und ohne Leckerchen/Bestechung. Fragt man nach, muss man feststellen, dass selbst vielen Trainern die Unterscheidung zwischen Belohnung und Bestechung nicht klar ist.

Ein Beispiel:

Situation 1: Sie rufen Ihren Hund, er kommt und Sie geben ihm ein Leckerchen – eine klassische und sinnvolle Belohnung. Der Hund lernt, dass es sich lohnt, zu Ihnen zu kommen und verknüpft seine Ankunft mit der (hoffentlich schmackhaften) Belohnung – ein angenehmes Gefühl!

Situation 2: Sie rufen Ihren Hund und er kommt nicht, wirft Ihnen vielleicht nur einen Blick zu. Sie greifen in die Tasche und zeigen ihm, dass Sie ein Leckerchen haben evtl. noch mit einer entsprechenden Ankündigung: „Schau mal, was ich da Gutes habe“... Ihr Hund kommt nun angetrabt und erhält das Leckerchen.

Im Endeffekt scheint es sich um die gleiche Lernsituation zu handeln: Hund wird gerufen, Hund kommt, Hund erhält Futter.

Dies ist aber nur oberflächlich betrachtet der Fall. In Situation 1 hat der Hund ein Hörzeichen wie gewünscht ausgeführt und eine – absolut angebrachte – Belohnung erhalten. In Situation 2 hingegen, wollte er das Hörzeichen nicht befolgen und hat sich erst nach Offerierung der – in diesem Fall tatsächlichen – Bestechung zum Kommen entschieden.

Bestechung ist in unseren Augen moralisch verwerflich. Dem Hund sind unsere ethischen Grundsätze hingegen egal. Trotzdem sollten wir nicht zur Bestechung greifen, da sonst die Wahrscheinlichkeit groß ist, dass Ihr Hund vor der Befolgung von Hörzeichen immer öfter zögern und erst einmal abwarten wird, was es denn zu gewinnen gibt.

Gegen eine sinnvoll eingesetzte Belohnung hingegen gibt es lerntheoretisch absolut nichts zu sagen. Die Zahl der Untersuchungen, wann, wo und wie am besten gelernt werden, ist inzwischen wirklich hoch und eine jede sagt: Streßfreie Lernsituationen mit einer attraktiven Belohnung führen am schnellsten zum gewünschten Lerneffekt.

Natürlich wünschen wir uns alle den Hund, der aus Liebe und Treue zu uns alle Hörzeichen prompt befolgt. Lassie läßt halt immer noch grüßen.... Aber Hunde sind Opportunisten und dem Mensch damit sehr ähnlich. Bis wir einen Gehorsam aus Gewohnheit und Bindung erwarten können, ist es ein weiter Weg, der sich durch sinnvoll eingesetzte Belohnung deutlich verkürzen läßt.

Werfen wir nun einen Blick auf den Slogan: Erziehung ohne Hilfsmittel:

Dazu bedarf es erst einmal einer gemeinsamen Definition, was als Hilfsmittel zu betrachten ist. Halsband und Leine sind schließlich auch Hilfsmittel..... Ist der dünne Endloswürger ein Halsband oder gar ein Hilfsmittel? Und das Stachelhalsband? Die Wurfkette? Ein Hilfsmittel per se ist nicht gut oder schlecht, sondern immer nur so, wie es wirkt und wie es eingesetzt wird. Oder, wie Iris immer so schön treffend anführt: Ein Kopfkissen ist ein wunderschönes Ding... zum Schlafen. Auf das Gesicht gedrückt ist es aber ein Mordinstrument. Ist das Kopfkissen nun böse?

Natürlich gibt es auch Hilfsmittel, die nicht schonend oder sinnvoll eingesetzt werden können, wie z.B. ein Elektroschock- oder Stachelhalsband. Hier ist die Bewertung einfach.

Schwieriger wird es z.b. beim Kopfhalfter: Ruckt man grob daran herum, kann ein kräftiger Mensch einem zierlichen Hund sicher Schmerzen zufügen. Aber kann das Kopfhalfter etwas dafür? Wie sieht es mit der Konstellation: Kräftiger Hund und zierlicher Mensch aus.. oder alter Mensch.. oder rückenkranker Mensch oder.... Sie sehen schon: Es gilt, etwas differenzierter hinzuschauen und nicht einfach mit pauschalen Aussagen um sich zu werfen.

Übrigens: Eine recht rührige Franchisekette, bei der man sich in einem Wochenendlehrgang zum „Hundeflüsterer“ ausbilden lassen kann (Toll! Wir haben länger dafür gebraucht....), wirbt u.a. mit „Erziehung ohne Hilfsmittel“. Tatsächlich kann man aber die Kunden dieser Hundeschule oft mit Stachelhalsband und Wurfkette „bewaffnet“ trainieren sehen... sind das nun keine Hilfsmittel?

Die gegenläufige Bewegung gibt es in der Hundeszene inzwischen natürlich auch: Gewaltfrei, ohne Streß und sanft, soll sie sein, die Hundeerziehung. Sogar über den Klang von Hörzeichen wird nachgedacht „Raus da“ beispielsweise töne zu aggressiv, heißt es. Leider führt dieser an sich absolut begrüßenswerte Trend häufig dazu, dass Hunden gar keine Grenzen mehr gesetzt und ihnen alle Freiräume der Welt gegönnt werden. Dies bringt jedoch oft mit sich, dass der Freiraum des Hundes, die Einschränkung eines anderen Lebewesens bewirkt. Oder haben das gejagte Wild oder der bedrohte Jogger keine Rechte? Noch unschöner wird es, wenn im Zuge der Streßvermeidung gar propagiert wird, man dürfe nur alle zwei bis drei Tage spazieren gehen, solange brauche der Hund nämlich, um den Streß des Spaziergangs zu verarbeiten. Wo bleibt denn da das ohnehin häufig unausgelastete Lauftier Hund?

Rückblickend betrachtet, zeigen sich viele Trends der Hundeerziehung (übrigens auch in der Hundeernährung, aber das ist ein anderes Thema) analog zur Kindererziehung. Weder die „schwarze Pädagogik“ noch die antiautoritäre Erziehung haben sich als sinnvolle Modelle erwiesen. Wie in der Kindererziehung liegt auch in der Hundeerziehung der richtige Weg in der goldenen Mitte: Sinnvolle Grenzen setzen, angenehmes Lernklima schaffen und autoritäre (im Sinne von gerechten und souveränen ) Vorbildern.

 
Danke fürs einstellen!

Gerade den letzen Satz finde ich sehr gut !



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dankeschön fürs einstellen :)

dass ich auf timing und bewegung zum futter sehr gut achten muss , damit es nicht in manipulation ausartet
(klein yakari hatte mich schon mehrmals soweit :ugly: und es dauerte einen moment bis ich es realisierte )

habe ich nun auch wieder besser im bewusstsein ....

lg carola

 
Gefällt mir auch sehr gut der Text. Ich bin auch der Ueberzeugung dass die goldene Mitte der richtige Weg ist:)

 
sehr guter text. danke fürs einstellen.
mich betrifft es jetzt pers. eher weniger, da ich keine fressbare bestechung, belohnung oder gar ein spieli bei meinen hunden anwenden kann....
das interessiert sie nicht. dennoch habe ich gerade bei cheyenne einen -zackigen- rückruf aufbauen können und das ohne jegliche "externen" hilfsmittel.

 
Ich hab mich auch schon des öfteren dabei ertappt, das ich in die Tasche griff als ich merkte die zögern. :ugly:

 
Super Text, danke fürs Reinstellen. Also ich bin ganz ehrlich, hie und da besteche ich Spike mit Guddis :blush: . Er hasst Ohren putzen, da er aber gemäs TA eine starke Hefenüberproduktion hat, müssen die Ohren regelmässig geputzt werden. Und da nehme ich Gutzis zur Hilfe. Ich putze ihm die Ohren und mein Freund schiebt mal ein Gutzi in Spikes Mund. So klappt das mit dem Ohren putzen recht gut.

 
Super Text, danke fürs Reinstellen. Also ich bin ganz ehrlich, hie und da besteche ich Spike mit Guddis :blush: . Er hasst Ohren putzen, da er aber gemäs TA eine starke Hefenüberproduktion hat, müssen die Ohren regelmässig geputzt werden. Und da nehme ich Gutzis zur Hilfe. Ich putze ihm die Ohren und mein Freund schiebt mal ein Gutzi in Spikes Mund. So klappt das mit dem Ohren putzen recht gut.
Spuki das ist doch keine Bestechung, das ist eine gute Ablenkung ;-)

 
Vielen Dank Natascha, ja klaaar, wenn ich mir das jetzt so überlege hast du recht :rolleyes:

 
andi+rudel : Mich würde interessieren, wie du das zackige Zurückkommen bei Cheyenne hingekriegt hast, ohne dass du in die Goodie-Trickkiste gegriffen hast?

 
Spuki das ist doch keine Bestechung, das ist eine gute Ablenkung ;-)
Eine unangenehme Situation schönfüttern find ich nicht falsch, wenn der Hund noch Fressen kann... Ich schneide Venia seit Welpe die Krallen, nach jeder Kralle c&b sie findet's super und hält schön still:)

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@iris: wehe, du verrätst das der jendayi, sonst will die das in zukunft auch so machen... :rofl:

ich praktiziere das "schönfüttern" nicht, schlicht, weil ich noch nie eine situation hatte, wo mir das irgendwas gebracht hätte. gefährlich finde ich es, wenn man es zb. bei hindernissen macht und der hund dann nach dem lecker giert, statt sich auf den boden zu konzentrieren. generell bei jeder art von bodenarbeit vermeide ich das füttern zwischendurch und lob gibt es nur verbal.

statt zu locken, führe ich den hund oftmals durch eine "heikle sache" (meine beiden möge zb. den agipneu nicht, da sie dafür eigentlich zu gross sind) mit dem handtarget.
mit leine arbeite ich so gut wie nie, die käme mir bloss in den weg. habe schon leute auf dem hupla gesehen, die den hund über di steilwand an der leine führten, weil hund sonst immer absprang. er sprang trotz leine... saugefährlich.
belohnen find ich super, muss aber nicht immer nur mit futter sein. bestechen halte ich für falsch. so tausche ich zb. mit meinen welpen auch nicht oder "verhandle" sonstwie.

 
andi+rudel : Mich würde interessieren, wie du das zackige Zurückkommen bei Cheyenne hingekriegt hast, ohne dass du in die Goodie-Trickkiste gegriffen hast?
:D üben..üben..üben..

mein glück ist wohl dass sie gerne rennt und ihr nichts entgeht.

ich merkte schnell dass sie auf bewegungen reagiert und bin ihr einfach (entgegengesetzt fuchtelnd) davon gerannt.

sie kam immer hier schon schnell zu mir und ich lobte sie mit streicheln und leise verbal.

hier blieb ich dran und habe sie immer wieder abgerufen, vor allem ohne äussere reize.

mit futter versucht habe ich es auch..

sie hat es eigentlich nie wirklich beachtet, ebensowenig wie spielzeug, welches ich werfe. das habe ich schnell wieder aufgegeben.

kombiniert habe ich es mit dem pfiff und das möchte ich noch besser ausbauen.

 
Muss mich manchmal auch an der Nase nehmen :rolleyes:
Meine Geduld ist manchmal nicht so gross, wie die von Tessa. Sie hat mich gut durchschaut ;-)

 
Guter Beitrag. Danke.
Ich gehöre auch zu den "Schönfüttern". Momentan bei Hundebegegnungen. Auch bei Situationen wo Merlin Ängstlich Reagierte, sind Wir zu dem "Gefährlich" Aussehend Ding hin und ich liess in Schnuppern und da gab/gibt es auch Futter oder Spiel. Verbal Loben mache ich Regelmässig.

 
Ich denke Schönfüttern ist nochmal etwas Anderes. Da geht es ja darum etwas Negatives mit etwas Positivem zu verknüpfen. Bestechen wird ja im Text im Zusammenhang gebraucht, dass der Hund mittels Locken mit Futter zum Ausführen eines ihm bekannten und vorab erlerntem Kommando gebracht wird.

Schönfüttern funktioniert ja meist nur, wenn die Angst oder der Stress nicht zu gross ist, ansonsten fressen ja die meisten Hunde gar nicht mehr - nicht einmal mein Labi und das will was heissen. :D

Habe mich jetzt gestern pingelig genau darauf geachtet, dass von mir keinerlei Reaktion bezüglich Futterbelohnung kommt, bevor das Kommando nicht ausgeführt ist. Musste aber sagen, dass es bei meinen Ladies Hans wie Heiri ist. Denke, wenn etwas sitzt und das Team eingespielt ist, dass es weniger ins Gewicht fällt. Kommt halt sicher auch auf den jeweiligen Charakter des Hundes an. Muss aber auch klar sagen, dass ich in einer kritischen Situation auch jederzeit und mit gutem Gewissen auf Bestechung mit Futter zurück greifen würde.

Was mir noch so durch den Kopf gegangen ist zu diesem Thema: Wenn man ja ganz pingelig die Geschichte anschaut, dann wäre ja arbeiten mit der Futterbeute irgendwie immer Bestechung, denn der Hund weiss ja, dass in diesem Ding Futter ist und er davon bekommt, wenn er die Beute dem Halter bringt?! Oder?

 
Sehe das auch so. Bis jetzt war der Futterbeutel doch noch der Grössere Reiz als die anderen Hunde. Warte noch auf eine Begegnung mit einem der Hunde wo er bisher "Austickte". Dann sehe ich Definitiv ob das Training Richtig ist.
Er darf Hundekontakt habe, aber in Ruhigen Bahnen und nicht wie eine Dampfwalze.

 
Mmmhh mit dem Futterbeutel ist es ja so das, klar ist da Futter drin, aber eigentlich gibt es ja Nicht bei jedem zurückbringen Futter aus dem Beutel, denn sonst wäre es ja eine mobile Leckerlietasche, was es ja nicht unbedingt Sinn der ganzen Sache ist!

Deswegen kann man da nicht unbedingt von Bestechung sprechen.




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