Der Ridge der Ridgebacks

Frau_D.

Erfahrener Benutzer
13. Feb. 2011
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Im Chat haben wir mal wieder darüber diskutiert, was es mit dem Ridge der Ridgebacks auf sich hat – die Meinungen gehen da ganz offensichtlich auseinander: Ist der Ridge völlig harmlos oder ist er eine Form der Offenen Wirbelsäule? Hintergrund der Klassifizierung war natürlich die berechtigte Frage, ob es sinnvoll ist, ein potentiell gesundheitsschädliches Merkmal als Rassestandard und Schönheitskriterium anzusehen.

Ich habe mich jetzt mal schlau gemacht und werde mal versuchen, die Sache mit dem Ridge zu erklären. Ich persönlich gehöre ja zu denen, die finden, dass ein Hund erst dann schön ist, wenn ihm alle Möglichkeiten, sich körperlich auszudrücken, gelassen werden – damit fallen für mich alle Hunde mit Schlappohren, langem Fell, zerknautschten Gesichtern oder Kringelruten aus. Der Mensch sollte einfach nicht das Recht haben, einem Tier Kommunikationsmittel wegzunehmen, nur damit es dem (menschlichen) Betrachter gefällt.

Beim Ridge geht die Problematik aber noch ein Stück weiter: Auch wenn der Ridge auf andere Hunde offensichtlich nicht wie ein permanent aufgestellter Kamm wirkt, scheint es ein gesundheitliches Risiko zu geben. Salmon et al. beschreiben 20071 in Nature Genetics die genetische Grundlage des Ridges bei Rhodesian Ridgeback und Thai Ridgeback – und können den Ridge so in den Kontext genetisch bedingter und vererbbarer Defekte bringen. Für die unter euch, denen es so ging wie mir (bis vor zwei Tagen :D ) und die sich nie mit dem Ridge an sich beschäftigt haben:

Der Ridge ist eine Region auf dem Rücken der Rhodesian und Thai Ridgebacks entlang der Wirbelsäule, in der die Haare nicht wie bei anderen Hunden in Richtung des Hinterteils angelegt sind, sondern vom Körper abstehen. Das klingt erst mal ziemlich unspektakulär, allerdings findet man bei beiden Rassen ausserdem vermehrt sogenannte Dermalsinusse. Ein Dermalsinus ist eine Abnormität der Haut, die entstehen kann, wenn es dem Körper in der Embryonalentwicklung nicht gelingt, das Neuralrohr und die Wirbelsäule vollständig von der Hautoberfläche des Rückens zu trennen.

Im harmlosesten Fall entstehen Öffnungen in der Haut mit kleinen Kanälen, die blind in der Haut enden und aus denen einige Haarbüschel herauswachsen. Im ungünstigsten Fall haben diese Kanäle eine Verbindung zum Rückenmark (dem ehemaligen Neuralrohr). Das ist vor allem deswegen ungünstig, weil diese Kanäle, die nicht nur Haar-, sondern auch Schweiss- und andere Zellen beinhalten können, zu Infektionen mit Staphylokokken und Enterokokken neigen und die wiederum zu Schäden des Nervensystems (von Schmerzen bis Lähmungen / Meningitis) führen können2. Definitionsgemäss wird der Dermalsinus als Fehlbildung des Neuralrohrs oftmals in Verbindung mit einer Versteckt-Offenen Wirbelsäule (Spina bifida occulta) beobachtet, bei der sich die Wirbelsäule nicht vollständig um das Rückenmark schliesst. Beide Defekte finden in derselben Genregion ihren Ursprung und sind deswegen miteinander verknüpft.

Bei beiden Ridgeback-Rassen lässt sich nun folgendes feststellen: Bei Rhodesian und Thai Ridgebacks treten Dermalsinusse in Verbindung mit dem Ridge auf (8-10%1), aber nicht bei ridgelosen Ridgebacks. Ridgebacks ohne Ridge treten – laut einer Umfrage des RRCUS, Rhodesian Ridgeback Clubs oft he United States – in 5.3% der Würfe auf (Salmon et al.: 5-6%) und sind, ebenso wie Hunde, die von Dermalsinussen betroffen sind, unerwünscht und werden nicht zur Weiterzucht verwendet.

Salmon et al. haben nun die genetische Grundlage für den Ridge und den Dermalsinus in einem Genabschnitt (auf Chromosom 18) gefunden, in dem hauptsächlich Gene zur Bildung von sogenannten Fibroblasten liegen, die wiederum für die Festigkeit von Zelle und ganz allgemein der Körpersubstanz verantwortlich sind (->Kollagen). Hier fanden sie bei den Ridgeback-Rassen in allen Fällen eines vorhandenen Ridges eine http://de.wikipedia.org/wiki/Genduplikation'>Genduplikation, die dafür sorgt, dass es zu Fehlentwicklungen in der Embryonalentwicklung kommt.

Der Trick mit dem Ridge folgt nun der Art des Vererbungsschemas… Ich hole kurz aus:

Homozygot bedeutet… dass ein Merkmal auf beiden der vorhandenen Genorte präsent ist.

Heterozygot bedeutet… dass ein Merkmal nur auf einem der vorhandenen Gene präsent ist.

Im Falle der Ridgebacks heisst das:

Homozygot bedeutet… dass der Hund auf beiden der vorhandenen Genorte die Genduplikation hat bzw. nicht hat.

Heterozygot bedeutet… dass der Hund nur auf einem der Genorte die Genduplikation hat.

In dem Paper findet sich dazu eine Tabelle, die sich folgendermassen liest: Alle (100%) untersuchten Rhodesian Ridgebacks, die weder einen Ridge noch Dermalsinusse hatten, hatten keine Genduplikation. 80% der Rhodesian Ridgebacks mit Ridge, aber ohne Dermalsinus, hatten die Genduplikation auf einem der beiden vorhandenen Chromatiden – und 83.3% aller Rhodesian Ridgebacks mit Ridge und Dermalsinus waren homozygot für die Genduplikation (heisst: tragen sie auf beiden Genorten).

Das bedeutet: Indem die ridgelosen Hunde nicht zur Zucht verwendet werden, unterstützt man die Entstehung von Dermalsinussen, denn während Rhodesian Ridgebacks mit Ridges entstehen, wenn die Genduplikation auf einem der Genorte vorhanden ist, entstehen Dermalsinusse in den meisten Fällen erst dann, wenn die Genduplikation auf beiden Genorten liegt. Allerdings: Verpaart werden Rhodesian Ridgebacks mit Ridge, aber ohne Dermalsinus – laut Mendel heisst das, dass zwei Tiere verpaart werden, die heterozygot für die Genduplikaton sind (heisst: sie tragen sie auf einem der beiden Genorte). Die genetische Konstellation der Nachkommen ist 1:2:1… Bsp: Ein Welpe wird keinen Ridge haben, aber auch keinen Dermalsinus, zwei Welpen werden einen Ridge haben, aber nur in 16.6% der Fälle Dermalsinus, und ein Welpe wird mit 83.3% Wahrscheinlichkeit einen Ridge UND Dermalsinus haben.

Würden Züchter hingegen ridgelose Rhodesian Ridgebacks in die Zucht aufnehmen (deren Häufigkeit übrigens laut den Berechnungen in Salmon et al. bei den besagten 16.6% liegen müssten), würde die Wahrscheinlichkeit für Dermalsinusse gewaltig sinken, nämlich auf ~4.8%. Allerdings würden dann auch nur noch 50% der Welpen die Genduplikation in sich tragen – dafür aber heterozygot und damit mit Ridge und reduziertem Dermalsinus-Risiko. So offensichtlich, wie diese Merkmale miteinander verbunden sind, wundert es mich, dass Züchter, die sich ja oft sehr intensiv mit der Vererbungslehre beschäftigen, diese Abhängigkeiten bis jetzt anscheinend nicht erkannt haben – oder ich weiss einfach nicht, dass zumindest heute, fünf Jahre nach dieser Veröffentlichung, die Würfe von Rhodesian Ridgebacks eben nur noch zur Hälfte Welpen mit Ridge beinhalten. Das widerum ist sehr gut möglich, weil ich mich mit dieser Rasse ja normalerweise nicht beschäftige. :)

Übrigens war der Datensatz für Thai Ridgebacks weniger gross und folgt dem Schema nur bedingt: Zwar sind alle Thais mit Ridge und Dermalsinus homozygot für die Genduplikation, aber 66% der Thais mit Ridge, aber ohne Dermalsinus sind das ebenfalls. Das könnte dafür sprechen, dass die Auswirkungen der Genduplikation in beiden Rassen unterschiedlich stark ist, wobei die Autoren ausdrücklich darauf hinweisen, dass – anders als bei den Rhodesians – sie sich im Falle der Thais bei dem Befund von Dermalsinussen auf die Aussagen der Besitzer verlassen mussten (siehe Supplement Salmon et al.) – und das scheint nicht immer so einfach zu sein. Es kann also sein, dass die Daten für Thais auf diese Weise verzerrt sind und eher dem Vererbungsschema der Rhodesians folgen.

Noch ein spannendes kleines Detail… Da die Genduplikation in beiden Rassen an exakt der gleichen Stelle beginnt, gibt es nur zwei gleich wahrscheinliche Erklärungen für das Auftreten des Merkmals in Rhodesians und Thais: Entweder haben sie einen gemeinsamen Vorfahren, von dem sie dieses Merkmal geerbt haben, oder es fand zu irgendeiner Zeit eine Einkreuzung in eine der beiden Richtungen statt.

1) Salmon et al.: “Duplication of FGF3, FGF4, FGF19 and ORAOV1 causes hair ridge and predisposition to dermoid sinus in Ridgeback dogs.” Nature Genetics 2007, 39 (11), S. 1318-1320

2) Miller & Tobias: “Dermoid Sinuses: Description, Diagnosis and Treatment.” Compendium 2003, 25 (4), S. 295-299

 
Intressanter Beitrag, danke :)

Und ich bleib dabei, ohne Ridge sind diese Hunde viel viel viel schöner!! :escape:

@Dää, Jade hat trotz Kringel und Schlappohren keine Kommunikationsprobleme :D

 
danke für den interessanten Beitrag.

finde ja auch den Ridge braucht es nicht ;)

 
Vielen Dank für den Beitrag.
Das ist doch mal eine Erklärung, die auch ich verstehe. :thumbsup:

 
ja in einer Dokumentation wurde das Thema auch behandelt! Es wurden sogar welpen die keinen Ridge hatten eingeschläfert weil man mit denen nicht Züchten kann:(

 
Ich muss den Beitrag danach nochmal genau lesen

Danke jedenfalls! Fragen werden noch kommen :)

ja in einer Dokumentation wurde das Thema auch behandelt! Es wurden sogar welpen die keinen Ridge hatten eingeschläfert weil man mit denen nicht Züchten kann:(
Also soviel mir ist:

1) in der CH war (soviel mir ist) die Wurfgrösse bis noch nicht alzu langer Zeit auf 8 beschränkt. RRs haben meist grosse Würfe und eine Welpenzahl von 8-12 Welpen ist nicht selten!

und da ist "klar", dass man dann die "falschen" Welpen einschläfert und nicht die korrekten

2) in England war es auch lange Pflicht (!) Welpen ohne Ridge einzuschläfern!

denke aber, das hat sich heute schon etwas geändert und die Richtlinien verbessert!

Aber: Das ist auch ein Kriterium, dass man nicht nur auf die RRs beziehen kann! das ist ein Problem bei allen Rassen, dass gerne mal die "falschen" irgendwie "verschwinden"!

 
Zuletzt bearbeitet:
@kaethu Die Dokumention handelte nur um englische Züchter.

 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Bei den Thais ist es ein offenes Geheimniss das viiiiiele züchter DS und Ridgewelpen einschläfern. Meine meinung dazu muss ich ja nicht sagen.

Das ridgelos bedeutet das es kei DS gibt ist auch leider nicht war. Wir haben grad letztens ne hündin ohne Ridge gehabt die operiert wurde und es werden immer mehr :( Und auch hier findet man sie eher in den Deutschsprachigen ländern, da hier weniger eingeschläfert wird.

Ich werde noch unseren Beitrag aus unserer Arbeit hier reinstellen, kann aber noch dauern... Und äussere mich später zum Ridge...

Lg ti

 
..... 1) in der CH war (soviel mir ist) die Wurfgrösse bis noch nicht alzu langer Zeit auf 8 beschränkt. RRs haben meist grosse Würfe und eine Welpenzahl von 8-12 Welpen ist nicht selten!

und da ist "klar", dass man dann die "falschen" Welpen einschläfert und nicht die korrekten ...
Schon länger, spätestens in den 90er Jahren wurde in Anlehnung an das neue Tierschutzgesetz, welches das Töten von Welpen ohne zwingenden Grund verbietet, die Vorschrift, dass pro Wurf maximal 6 Welpen aufgezogen werden dürfen, abgeschafft. So dürfen seither alle gesunden Welpen aufgezogen werden, bei sogenannten "Grosswürfen = mehr als 8 Welpen, muss entweder eine Amme zugezogen werden, oder die Welpen mit Flaschenmilch (im Vergleich zu früher 50er, 60er, 70er Jahre ist die Möglichkeit gute Hundewelpenmilch zu finden viel besser) zugefüttert werden.
 
Das ridgelos bedeutet das es kei DS gibt ist auch leider nicht war. Wir haben grad letztens ne hündin ohne Ridge gehabt die operiert wurde und es werden immer mehr :( Und auch hier findet man sie eher in den Deutschsprachigen ländern, da hier weniger eingeschläfert wird.
Gibt es da einen zusammenhang dass beide Eltern nen Ridge haben? Gab es schonmal ich sag mal "Experimente" wo Ridgelose bzw. einer hat RIdge, einer nicht, weiterverpaart wurden um zu gucken was dabei rauskommt? Also Bezogen auf DS? Kann den RS auch bei einem Hund vorkommen wo kein Ridge vorkommt?

 
Interessantes Thema- vor allem Anbetracht der Tatsache das der RR scheinbar immer mehr zum "Modehund" wird... hier zumindest werden es immer mehr, aber leider kein einziger "ohne" Ridge :unsure:

 
DS kommt eben doch auch bei Hunden ohne Ridge vor. Wie oft weiss ich nicht. Persönlich kenne ich 2 schwarze hündinen.
Meine meinung ist auch das man ridgelos zur zucht zulassen soll, doch da stehe ich ziemlich alleine da mit der meinung.
Im moment ist es so das man einen hund aus DS freiem wirf kauft und den mit mem Hund aus DS freiem wurf verpaart. Nur glaube ich den wenigsten züchtern das ihr wurf wirklich DS frei ist. Errinert ihr euch an meine Frage im mitgliederbereich ob man den züchchter melden soll der seine ds welpen nicht gemeldet hat... ?!
Man muss sich ziemlich auskennen um zu wissen wem man vertraut bei den thais wenn man züchten will :)

 
Ich habe siifaas sinus zuhause... Werde später ein bild reinstellen. Er hatte 3 sinuse, 1 dicken mit der öffnung oben und unten und 2 dünne die in einander gewachsen sind.
Es kann auch sein das der sinus ruht, bzw sich nicht entzündet, schmerzhaft wird es erst bei der entzündung, aber welpen werden in der Regel operiert verkauft.

 
Nochmal ganz kurz
Das ist unterschiedlich in Deutschland bei VDH Züchtern darf der Welpe nicht abgegeben werden, ehe der DS entfernt wurde. In der Regel findet die OP ab der 6. Woche statt.
In der Schweiz können das die Züchter machen wie sie lustig sind.
In jedem Fall hat der Züchter für die OP Kosten aufzukommen, alles Andere ist nicht zu akzeptieren.

Melde mich aber wie schon oben geschrieben später ausführlich zu diesem Thema