Für Eure Fragen zum Patenhund / Blindenführhund

Bei uns in der Nachbarschaft ist auch ein Blindenhund. Der ist erst ganz frisch da eingezogen. Der alte Blindenhund ist leider gestorben. So viel ich weiss war er aber bis zu seinem Tod bei ihm. :)

Schaue den beiden gerne zu. Ist bin immer wieder beeindruckt was diesem Hund beigebracht wurde.

Was mich wundernimmt, wie weiss der Blindenführer wo sein Hund sein Geschäft gemacht? Gibt er ihm ein Befehl?

 
@Elisa_Quinto
Ja, die Hunde lernen von Klein auf, sich auf ein Hörzeichen hin zu versäubern. Schon dem Welpen wird beim Versäubern mit lobender Stimme das Hörzeichen immer wieder gesagt. So kann der Junghund und dann auch Führhund später auf das Hörzeichen hin aufgefordert werden, sich zu versäubern.
Dies sollte er ja auch tun, bevor er mit der Führarbeit beginnt ... mit voller Blase oder drängendem Darm arbeiten ja auch wir nicht gerne :D

Eigentlich sind die Sehbehinderten Hundehalter von der Kotaufnahmepflicht ausgenommen. Aber die Ausbilder schauen bei der Übergabe der Hunde sehr darauf, dass sie mit dem zukünftigen Führhundehalter das Kotauflesen üben. Wenn sich der Hund hinkauert, kann man gut fühlen, wo der Rücken sich krümmt und etwa abschätzen, wo das Häufchen zu liegen kommt :) . Unmöglich wirds allerdings dort, wo der Hund sich allenfalls mal im Freilauf versäubert.
Die Führhunde haben aber kein Problem damit, sich an der Leine im Strassengraben (nicht gerade Hauptstrasse ;) ) zu versäubern. Zudem haben ja die meisten Hunde ihren Kack-Rythmus, so dass man sie allenfalls auch erst nach dem grossen Geschäft in den Freilauf entlassen kann :) .

 
Danke für deine ausführliche Erklärung.

Jetzt weiss ich warum er ihm über den Rücken gestreichelt hat beim kacken... :D

Habe aber bis jetzt nie zu Ende geschaut weil ich das Gefühl hatte das sich sein Hund für meinen interessiert. (an der Leine) Nicht das noch etwas passiert. Kann es denn sein das er (wenn er an der Leine ist) schwupfs den Blinden wegzieht und z.b. zu einem anderen Hund zieht?

 
Gleich losstürzen sollten sie eigentlich nicht :)

Da aber auch Blindenführhunde keine Maschinen sondern immer noch Hunde sind, könnte sowas natürlich schon mal passieren :) . Nur an der Leine ist Hund ja auch nicht explizit am Arbeiten, da kann man sich schon mal vergessen :D

 
Ich finde es sehr faszinierend, was diese Hunde für eine tolle Arbeit leisten. Als ich an der Hundemesse in Winterthur war, sah ich eine blinde Frau, die mit ihrem Blindenführhund vorbei joggte :shock: . Da war ich einfach platt vor staunen.

EDIT: Es kamen mir noch ein paar Fragen in den Sinn, welche mich noch interessieren würden:

- Ab welchem Alter werden die Hunde an das Geschirr gewöhnt?

- In welchem Alter gehst du mit den Junghunden in Läden?

- Blindenführhunde sollten ja andere Hunde links liegen lassen, aber was ist, wenn er dies nicht tut (also wenn er schon bei der blinden Person ist)

- Gerade gestern im Obedience-Training haben wir über Blindenführhunde diskutiert. Werden bei Hunden im Dienst, regelmässige Trainings durchgeführt, oder kann es sein, dass er Kommandos oder Situationen vergisst, bei längerem Nichtgebrauch?

- Was ist wenn sich bei seiner Arbeit kleine Fehler einschleichen?

Und danke für deine Ausführlichen Erklärungen

 
@mixlove
ich staune auch immer wieder, was die Sehbehinderten mit ihren Hunden alles machen können :)

Zu Deinen Fragen:

Die Junghunde werden im Alter von 5 Monaten ans Trainigsführgeschirr gewöhnt.
Also wenn man es ganz genau nimmt, haben sie ihren ersten Kontakt mit einem Führgeschirr bereits im Welpenalter noch an der Schule. Sie haben so ein ganz kleines Ledergeschirr mit Minibügel, welches die Welpen manchmal bei der Einzelförderung tragen. Immer im Zusammenhang mit etwas ganz Tollem, dass es zu erleben gibt :) .
Aber so richtig los gehts eben mit 5 Monaten. Die ersten Trainings finden jeweils im Wohnquartier statt. Nach einer kleinen Versäuberungsrunde wird für das letzte Stück des Heimwegs (ca. 100 m) das Geschirr angezogen. Da die meisten Hunde ja gerne nach Hause laufen, geht das mit dem Führen (nachvorne ziehen) fast von selbst :D .
Für die Verknüpfung das Führen im Geschirr etwas super super mega lässiges ist, bekommen die Hunde im Anschluss die ersten drei- bis viermal eine Futterbelohnung (einen Teil ihrer regulären Malzeit). Später wird dann "nur" noch mit Spielen belohnt.

In die Läden gehe ich eigentlich sobald die Hunde sicher Stubenrein sind ... ich möchte ja kein Seelein aufwischen müssen :D . Einmal wäre zwar trotzdem fast ein Unglück passiert mit Aiko ... im Coop Bau & Hobby in der Halle mit den Steinen und Aussenpflanzen. Dort ist der Boden mit Verbundsteinen gelegt und irgendwie erinnerte das Ganze Aiko wohl an seinen Strassengraben :D ... ich war aber schnell genug, packte ihn auf meine Arme und düste nach draussen :) .

Links liegen lassen der anderen Hunde ist ja vorallem im Geschirr nötig. Sollte sich ein Hund im Einsatz ablenken lassen, kommt es sicher auf den Schweregrad an. Eine Ablenkung kann ja immer mal vorkommen, solange er trotzdem sicher und fehlerfrei führt ist es nicht so schlimm. Bei gravierenderen Fällen wird evtl. eine Nachschulung nötig ... ganz genau kann ich Dir das aber auch nicht sagen. Ich denke aber, solange die anderen Hundehalter das Gespann möglichst zügig und mit Abstand umgehen, wird sich ein Führhund an der Arbeit wohl nicht allzu sehr ablenken lassen.

Die Halter-Hunde-Gespanne werden regelmässig betreut und weitergebildet. Der Ausbilder des Hundes bleibt im Kontakt mit dem Gespann und besucht es regelmässig. Es gibt auch obligarotische Wiederholungskurse für Hund und Halter. Dort wird geschaut, ob sich Fehler eingeschlichen haben, sich der Hund (oder auch der Halter) Mödeli angewöhnt hat, die für die Führarbeit oder den Alltag störend sind.
Ich denke es kann sicher vorkommen, dass ein Führhund gewisse Hörzeichen, die er nie braucht wieder vergisst. Deshalb kommt bei einem Umzug oder einem Wechsel der Arbeitsstelle, der Ausbilder des Hundes beim Sehbehinderten vorbei. Sie gehen dann zusammen die neuen Wege ab, erkunden die Schwierigkeiten und üben mit dem Hund allfällige schwierige Stellen.

Fehler schleichen sich wohl immer wieder mal ein. Auch die Führhunde haben mal einen schlechten Tag. Vielleicht gibts dann mal eine Beule oder einen blauen Mosen beim Sehbehinderten, weil der Hund ein Höhenhindernis übersehen hat oder einen Absatz vergisst an zu zeigen. Je routinierter ein Führhund aber ist, je weniger Fehler passieren.
Ich sehe das teilweise schon bei meinen Patenhunden. Die Wege die wir hier in Wohlen im Geschirr laufen, kennen sie irgendwann so gut, dass sie richtig laufen auch wenn ich mal "sini" statt "destra" sage bzw. es manchmal etwas dauert, bis das Hörzeichen angekommen ist, wenn ich mal wirklich "sini" will, wo wir sonst immer "destra" laufen :)
Häufen sich die Fehler ist eine Nachbetreuung fällig und der Ausbilder schaut zusammen mit dem Sehbehinderten was für Lösungen es gibt bzw. wie die Fehler wieder ausgemerzt werden können.

 
Hole dieses Thema wieder mal hoch, denn ich habe eine Frage an die Patenhundehalterinnen:
Im neuen Schweizer Hundemagazin hats einen Bericht drin, `Blindes Vertaruen über die Jahrhunderte`, dort sind 2 Bilder drin mit einem sogenannten `künstlichen Mensch` (habe leider kein Bild gefunden bei google, falls ihr nicht wisst von was ich hier schreibe fötele ich es sonst schnell ab, es sind alte Abbildungen, der Hund ist wie ein Pferd an einem Wägeli eingespannt das ein Drahtgerüst obendrauf hat). Ich denke damit wurde dem Hund gelernt das er sich auch auf die Höhe achten muss? Also nicht unter einem Baugerüst durchgehen das nur 1.5m hoch ist. Wie wird denn das in der heutigen Zeit dem Hund beigebracht?

 
Sali Sünneli

Ich hab den Artikel erst kurz überflogen, die Bilder aber auch betrachtet.

Deine Vermutung deckt sich mit meiner :) .

Heute werden die Höhenhindernisse langsam aufgebaut. Ich kann Dir erzählen wie es in Allschwil ungefähr läuft. Die Schule hat einen Hindernisparcour in dem mit verschiedenen senkrechten Stangen, zwischen denen waagrecht Stangen aufgehängt sind, die in der Höhe verstellt werden können.

Zu Beginn befinden sich die Standen auf oder wenig über Hundekopf Höhe. Der Hund lernt (auch schon bei uns) durch sanftes bremsen dass er ausweichen muss und nicht drunterdurch laufen darf.

In kleinen Schritten werden die Stangen dann immer etwas höher gehängt. Der Hund lernt so nadisna auch auf Dinge zu achten, die sich deutlich über ihm befinden.

Auf dem folgenden Bild kannst Du ganz rechts so eine Stangenkomibnation erkennen. ein besseres Bild hab ich leider nicht gefunden :(

5daafbcb9a.jpg

Quelle: Startseite :: Blindenhundeschule

Bei hartnäckigeren Fällen wird auch mal ein Pansenstängel an die Stange gehängt, um den Hund zum Hochschauen zu motivieren.

Übrigens wird das "nach oben schauen" schon ganz früh gefördert, liegt es doch eigentlich nicht unbedingt in der Natur des Hundes.

Über der Welpenbox hängen verschiedene Mobiles, Bänder, Glöggli etc. und auch wir üben und loben das Hochschauen, z.b. mit Luftbalons die wir in die Luft werfen und der Hund beobachten kann.