Ich habe mich die letzten Tage schon geärgert, dass ich hier nicht mehr geantwortet habe... Das galt aber für einiges - der Kopf war einfach nicht frei. Sorry allen, die hier so toll beigetragen haben. Ich bin euch total dankbar für eure Inputs... Anfangs hatte ich das Gefühl, ich bin permanent am widersprechen: Das geht mit Anti nicht und das auch nicht. Und parallel habe ich mich gefragt, warum das so ist...
Ich nehme also jetzt Katrins krass-langen, tollen Beitrag, um hier wieder einzusteigen.
Es ist schon seltsam, denn wenn ich Katrins Beschreibungen lese, erkenne ich Anti sofort und ganzheitlich. Andererseits schaltet sein kleiner schizophrener Geist aber auch um und ich habe einen freudig-arbeitenden Hund, der unglaublich schnell dazu lernt und Befehle mit viel Freude ausführt. Ja, vor einigen Wochen dachte ich noch: Den nimmste gerade mit auf den Hundeplatz, solltest du je einen finden, wo du trainieren kannst und willst - Anti ist genial. Aber: Er unterscheidet mal mehr, mal weniger, ob wir uns in einer Übungssituation befinden (und dabei ist es inzwischen vollkommen egal, ob das drinnen, draussen, an bekannten oder an fremden Orten ist) oder ob wir laufen. Momentan befinden wir uns definitiv in einer Phase, in der Anti wirklich nur wie ein DSH aussieht.
Während eines Spazierganges tut Anti hauptsächlich zwei Dinge: mit Ixy oder mit mir spielen (wobei er mich Ixy vorzieht) und... die Umwelt erforschen - anders kann man es nicht nennen. Ich habe ja jetzt den direkten Vergleich - im Vergleich würde ich behaupten, Ixys Interesse an ihrer Umwelt ist auf einer Skala von 1 bis 10 (mit 1 = gar nicht und 10 = ausschliesslich) bei 3-4 (und das ist schon wesentlich mehr als am Anfang), während es bei Anti bei 8-9 liegt. Seine Nase steckt entweder am oder im Boden oder in der Luft. Und es geht ihm immer noch nicht um die Jagd - das kann ich jetzt im Schnee, wo ich die Fährten sehe, die er verfolgt, gut nachvollziehen. Die Prioritäten verteilen sich so: anderer Hund > andere Katze > andere Tiere. Hunde will er kennenlernen, Katzen will er scheuchen oder in den Boden rammen, damit er mal gucken und schnuppern kann, andere Tiere hinterlassen bestenfalls leckere Scheisse...
Er beobachtet in letzter Zeit auch mehr... gerade heute ist uns das zum Verhängnis geworden, als er in ca. 300 (Heiko meint 500) Metern Entfernung einen Hündeler entdeckte... Konnte ich ihn vorher noch nach ~50m abrufen, entschied er sich heute gegen mich und war auf und davon. Zwei Male hat er die arme Person (aus der Distanz kann ich nicht mal sagen, ob es Mann oder Frau war) mit ihrem Hund umrundet, während ich immer leiser rief, um ihm das Gefühl zu geben, die Distanz zwischen uns wäre wesentlich grösser als er meint. Gleichzeitig verschwand ich immer mehr hinter einigen Silageballen - nur so konnte ich ihn wieder zurücklocken.
Interessanterweise halte ich es mit Anti exakt genau so, wie es Katrin beschreibt: Ich spreche ihn IMMER erst an und sondiere, ob er überhaupt ansprechbar ist und gebe einen Befehl, wenn ich mir relativ sicher bin, dass er reagieren wird. Wobei ich mich hier je nach Anti-Phase doch auch in grenzwertigen Situationen für das Durchsetzen eines Befehls entscheide - weil ich Anti sehr wohl ansehe, dass in ihm dann der Konflikt tobt: Gehorchen oder Reizen-nachgeben. In guten Zeiten ist er da auch voll bei mir... und ich nutze diese Gelegenheiten, um ihm nach Ausführen des Befehls sofort wieder freizugeben (wenn es geht) und ihn zurück zum Ort des Begehrens zu schicken, um das Ausführen von Befehlen als reine Zeitverzögerung ohne weitere Verluste zu verknüpfen. In schlechten Zeiten führt ein Befehl zu übertriebenem Trotz und Rebellion und ich kann mir ganz, ganz sicher sein, dass ich Anti 'verloren' habe und besser meiner Wege ziehe, weil ich sowieso nicht an ihn rankomme. Löse ich den Druck auf diese Art und Weise auf, sind wir schnell wieder auf einem kommunikativen Level, bleibe ich wütend, zieht er seiner Wege.
Schreite ich allerdings in egal welcher Situation in seine Individualdistanz oder beschränke oder bedränge ihn, führt das nur selten zum gewünschten Effekt. Ich könnte ihm ins Fell kriechen... dafür bekomme ich einen kurzen Moment Aufmerksamkeit, danach konzentriert er sich obschon so lange mit positiven Worten und Leckerlis verknüpft wieder auf das eigentliche Objekt der Begierde (allerdings ist das mal weniger und mal mehr der Fall). Schlimmstenfalls legt er die Ohren an und bockelt davon - vollkommener Trotz. Ich kann ihn bedrängen, bis er in einer Hecke sitzt... egal. Er kann es nicht leiden, aber nur selten kommt er zur Raison. Die grössten Erfolge habe ich erzielt, indem ich Anti unter Kontrolle ruhig absitzen lasse und warte, bis der Reiz seinen Reiz verliert. Bekomme ich seine Aufmerksamkeit und bestätige das, ist die Wahrscheinlichkeit, dass es das nächste mal klappt, höher. Ein Ereignis, in dem er sich selbst belohnen konnte (Katzenscheisse, Hundebegegnung, Nicht-Apport) und wir beginnen bei Null... Nein, eher 0,03... Es ist ja nicht so, als wäre es nicht insgesamt schon wesentlich besser als anfangs. Am ehesten gewinne ich ihn, wenn ich ihn direkt anlange. Am besten an der Wamme, denn an allen anderen Stellen beitreibe ich eher Trotzopressur. An der Wamme gepackt quäkt er vielleicht aufmüpfig, aber er ist wieder 'da'.
Okay... ich bin nach Katrins Beitrag und während ich hier schreibe zu einer Einsicht gelangt, die ich irgendwie immer wieder habe, weil ich zwischendrin von Antis DSH-Eigenschaften 'ausgetrickst' werde... Es wird eher meine Aufgabe sein, Saarloos und DSH so gut wie möglich zu verbinden und den Nutzen aus beiden Charakteren zu ziehen. Ich kann Anti im Grunde genau ansehen, was ihn umtreibt... aber gerade, wenn er einen Entwicklungsschub durchmacht, fehlt mir die Erfahrung, um zu erkennen, dass es in diesen Zeiten keinen Sinn macht, auf den DSH zu insistieren.
Und noch einige Anmerkungen:
@Clicker: Ich glaube nicht, dass ich Anti in diesem Ausmass konditionieren kann. Und wenn, dann glaube ich nicht, dass es den Clicker benötigt. Anti versteht sehr, sehr gut, was Ja! bedeutet (das entspricht dem *click*)... und wenn er will (!), reagiert er darauf sofort und wie aus der Kanone geschossen. Nicht mal Rituale wie das Füttern, die wir hier zweimal täglich nach dem immer gleichen Muster durchziehen, sitzen. Wenn er kein Fressen möchte, bewegt er nicht mal seinen Hintern aus dem Körbchen.
@Malinois: Der Unterschied zu Ixy ist in Antis Saarloos-Phasen wirklich gravierend. Nicht, dass Ixy in ihrem jetzigen Alter nicht ebenfalls testen würde, was wirklich sein muss und was nicht. Aber das Ausmass ist... peanuts im Vergleich. Spannend finde ich, dass Ixy in letzter Zeit ihre Umwelt immer bewusster wahrnimmt - vor einigen Tagen popelte sie sich von einer Folie eine gefrorene ehemalige Pfütze und schob die wie ein Waschbär durch den Schnee. Überhaupt hat sie begonnen, ihre Pfoten und ihre Nase für allerlei Umweltmanipulationen einzusetzen. Aus der Ex-Pfütze wurde natürlich das Diese-Ressource-verwalte-ich-!-Spiel, aber sie ist eben auch ein grosser Kindskopf.
@Befehle wiederholen: Ich werde mich mal auf Ixy konzentrieren, um da einige eurer Tipps anzuwenden zu versuchen. Allerdings sind wir gerade erst an dem Punkt, wo ich Führungshilfen langsam abbaue - und wir beide haben weiterhin das Problem, dass sie, wenn sie zu viel Aufmerksamkeit bekommt, die Zunge rausstreckt und garnix mehr macht... egal, wie locker, egal wie gering der Druck. Auge in Auge... und nix geht mehr. Aber... wir arbeiten daran. *g*
Für Anti wird es in nächster Zeit sowieso nur noch Flexi-Spaziergänge geben. Ich muss erst wieder den Draht zu ihm finden, um mir sicher zu sein, dass er nicht losrennt und arme Hündeler erschreckt. Schade - das hatten wir alle schon mal und ich dachte, ich könnte etwas an der ewigen Befehle-Wiederholerei tun - aber ich denke, auf dieser Ebene sind wir noch nicht.