Themenabend: Anton Fichtlmeier,

Disthen, ich bin mir wahrscheinlich mehr als die meisten hier bewusst, WIE unterschiedlich Jagdhunde sein können! Ich habe mit gutem Grund keinen Wachtel, oder Drahthaar, und auch keinen Pointer, um mal einen deutlich softeren Hund zu erwähnen. Aber in AFs Büchern steht nirgendwo was davon, dass seine Methoden nur für charakterstarke (was immer damit gemeint sein mag) deutsche Jagdhunde geeignet seien. Sie wird als Universalmethode für alle Hunde vermarktet.

Leider scheinst du überlesen zu haben, dass mir einiges an AF gut gefallen hat. Aber für mich stimmt die Balance zwischen positivem und negativem Feedback nicht, Strafe nimmt zuviel Raum ein. Trotzdem werde ich einige Anregungen zum jagdnahen Arbeiten beibehalten, auch ohne Erlaubnis, und hundefreundlicher in der Umsetzung. Es ist ja nicht so, als dass seine Methode bahnbrechend neu wäre, viele gute Ausbilder arbeiten stark mit nonverbaler Kommunikation. Nonverbale Kommunikation ist, wenn man die Gewichtung vom roten in den grünen Bereich verschiebt, auch nicht inkopatibel mit Clickertraining, man kann das eine tun und muss das andere nicht lassen. Reine Fichtlmeier'sche Lehre ist es dann natürlich nicht mehr, aber das strebe ich ja gar nicht an.

 
Einfach noch zum Schluss Mezzo: ICH habe NIRGENDS geschrieben, dass Jagdhunde nur hart sind! Das unterstellst du mir!!! Fichtlmeier auch nicht! Ich teile die Meinung nicht, dass Fichtlmeier AUSSCHLIESSLICH hart mit Hunden umgeht, er unterscheidet enorm bei den einzelnen Charakteren und Typen, wenn er praktisch arbeitet. Das meinte ich mit mühsam. Du interpretierst laufend Zeugs rein, dass ich gar nicht so geschrieben habe! Deshalb habe ich diesbezüglich echt keine Lust auf einen weiteren Austausch. Sorry! ;)

 
[QUOTE='Disthen]Kannst du mir genau sagen oder Beispiele geben, wieso du bei Fichtlmeier davon sprichst er erziehe über positive Strafe oder negative Bestärkung? Ich kann das in seiner Art mit Hunden umzugehen, so nicht generell erkennen?
[/QUOTE] :D Für positive Strafe = Man nehme sein Lieblingswort (nebst Scheisse) Patsch wobei er genau erklärt hat, wie dieses Patsch auszuführen sei. Hund springt an Halter hoch, es erfolge ein Warnlaut und dann Patsch. Dieses Patsch sei so intensiv zu geben, dass der Hund es als solches erkennt. Denn, ich zitiere:" Man kann nicht immer rufen: Stehenbleiben oder ich schiesse, man muss es auch umsetzen."
Negative Bestärkung= Welpen auf Rücken drehen. Hier werden sie nach seinen Worten, solange unten gehalten, bis sich nicht mehr wehren. Dann erfolgt, wieder seine Worte, Entspannung und Sozialpflege. Er erwähnte auch kurz, dass es bestimmte Punkte am Hals gebe, wie man den Hund dazu bringt, sich auf den Rücken zu legen. Wobei er aber darauf hinwies, dass es Rassen gebe, die sich nicht auf den Rücken drehen lassen... die Terrier.

Das habe ich mir nicht eingebildet, das waren seine Worte! Ich weiss nicht wir A.F. vor 2 Jahren war, aber dem heutigen würde ich unter keinen Umständen an meine Hunde heranlassen.

Zitat aus Grunderziehung von Welpen:

... Schnauzengriff

Der Hund setzt ritualisierte, taktile Signale wie den Schnauzengriff ein. Dabei umfasst ein Hund mit der eigenen Schn auze die Schn auze oder den ganzen Kopf eines anderen Hundes. Das hat zum einen erzieherische Bedeutung und zum anderen berührt es aber auch den Bereich des Brutpflegeverhaltens. Es ist daher ein sehr "intimes" Signal, das Vertrauen in den Sozialpartner voraussetzt. Es wird ritualisiert in der pro-sozialen Interaktion während des Sozialspiels benutzt, oftmals im Sinne von "Halte Abstand". "Jetzt nicht, ich hab' keine Lust oder Zeit". Diese Geste stoppt den Signalfluss auf freundliche, unaggressive Art. Der Mensch hingegen benützt den Schnauzengriff häufig, um beim Hund allerlei Fehlverhalten zu korrigieren und zwar in Momenten, in denen ein Hund dieses taktile Signal niemals verwenden würde. Ich konnte definitiv noch nie beobachten, dass ein Hund den Schnauzengriff in einer aggressiven Auseinandersetzung angewendet hätte!"

Warum muss man an diesem hochempfindlichen Körperteil herum manipulieren?

"Hunde nehmen Berührungen vor allem über die Haut und mit Hilfe ihrer Vibrissen wahr. Sie verfügen über zwei verschiedene Arten von Rezeptoren in der Haut. Zum einen gibt es Rezeptoren für den Oberflächenkontakt, die sich direkt unter der Haut befinden und die Bewegungen der Haare auf die Rezeptoren am Haarfollikel übertragen, und zum anderen existieren Rezeptoren für stärkeren Druck, welche tiefer unter der Haut sitzen. Die Nase und die Lippen des Hundes reagieren besonders stark auf Druck, da dort besonders viele Sinnesnerven enden." Wikipedia

Abgesehen davon, dass wir ja keine Hunde sind und nicht wirklich erfassen können, wo der Schmerz für das Tier beginnt, geschweige denn, ob der Hund das wirklich als intimes Signal eines vertrauten Sozialpartners empfängt. Die Gefahr des Missbrauchs , dem stimme ich A.F. völlig zu, ist enorm. Warum dann so etwas propagieren?

 
@Rebecca:Interessant wie unterschiedlich Wahrnehmungen sein können. Betreffend Schnauzengriff. Er propagiert ihn überhaupt nicht, zumindest habe ich das weder der Literatur entnommen, noch von ihm selber gehört. Er erklärt ihn und wenn man ihn anwendet, dann bitte richtig. Das ist die Aussage die ich kenne. Der zitierte Text ist einfach ein Auszug aus dem Buch und das Thema fängt schon vorher an und geht auch nach der Erklärung Schnauzengriff noch weiter. Das ganze ist im Kapitel "Wie fühlt der Hund?" abgehandelt und nicht unter der Rubrik man nehmen und mache. Er thematisiert dort auch das Nackenschütteln und propagiert auch dieses in keinster Weise. Im Gegenteil, man findet den Satz: "Man kann es nicht oft genug wiederholen: Hündinnen schütteln ihre Welpen nicht!" Zum Beispiel ist er ein totaler Beführworter des Körperkontaktes und Kontakt liegen.

Diese "Übung" mit dem Welpen auf den Rücken drehen, habe ich ganz anders gelernt, mit einem ganz anderen Hintergrund. Fichtlmeier ist es extrem wichtig, dass sich Hunde lernen zurück zu nehmen. Das ist ein riesen Defizit in der heutigen Hundegesellschaft, deshalb hat es soviele "Rampensauen" unterwegs, extrem distanzunterschreitende Hunde. Ausserdem prasseln immer mehr Einflüsse auf die Hunde ein und es gibt immer wieder Situationen die ein Hund aushalten muss. Dann ist es wichtig, dass er sich am Besitzer orientiert und es "gelassen" aushält. Dieses sanfte - keines wegs gewalttägie - auf den Rücken drehen, wird von ihm so beschrieben: "Übungen zur Förderung der Nachgiebigkeit ... Gehen Sie in die Hocke und fixieren Sie Ihren Welpen mit SANFTER Bestimmtheit. Wenn er sich entspannt, wird wieder das Bäuchlein gestreichelt..." Tönt doch schon etwas anders als von dir Rebecca beschrieben, oder? Genau diese Förderung der Nachgiebigkeit ist eigentlich so wichtig und die Grundlage für viel Teamwork, kann dem Hund extrem viel Stress ersparen, das habe ich in der TA-Praxis so oft erlebt. Ich denke einfach wirklich, dass dir Fichtlmeier als Typ Mensch überhaupt nicht entspricht und du ihn an vielen Stellen falsch verstehst.

Ach ja, dieses "Patsch" - hat ein Hund Respekt und Anstand vor Menschen, dann braucht es das nämlich überhaupt nicht. ;) Hält man kommunikative Grundsätze von ihm ein und lernt seinem Hund sich zurück zu nehmen, dann kriegt man dieses Problem überhaupt nicht. :)

 
Ja Disthen, da hast du völlig recht, ich mag ihn nicht. Kennst du den Spruch: Man hat nur EINE Möglichkeit einen guten ERSTEN Eindruck zu hinterlassen. Das hat er sich auf denkbar schlechte Weise versaut.

Wenn ich jedesmal einen Franken für jedes von ihm gesprochene "Scheisse" oder "Patsch" bekommen hätte, wäre ich als reiche Frau aus dem Saal gekommen.

Er hatte über 3 Stunden Zeit für seine Erläuterungen, hat aber recht planlos geredet, ohne roten Faden dem man folgen konnte. Daher muss ich das was er beim Vortrag von sich gab als seine Theorie annehmen. Ich bin nicht bereit, mehrere hundert Franken in sein System zu investieren nur um seine Theorien evtl zu verstehen. Zumal er, wie mezzo bereits erwähnt hat, keine bahnbrechenden neuen Methoden hat und es viele andere gute Trainer gibt, die wesentlich mehr im grünen Bereich arbeiten.

"Übungen zur Förderung der Nachgiebigkeit ... Gehen Sie in die Hocke und fixieren Sie Ihren Welpen mit SANFTER Bestimmtheit. Wenn er sich entspannt, wird wieder das Bäuchlein gestreichelt..."

Was ist, wenn sich Welpe dabei nicht entspannt? Wie steigert sich die "sanfte Bestimmtheit" ? Heiligt der Zweck dann alle Mittel?

Sich auf den Rücken legen ist die wehrloseste Position, die ein Hund einnehmen kann.

Ich habe noch keinen Welpen erlebt, der das nicht irgendwann beim längeren Schmüsele anbietet. Dann ist ein Zeichen von Vertrauen, und nicht, wenn ich auf dieses Recht poche. Vertrauen wird einem entgegen gebracht und nicht erzwungen. ;) Übrigens genau so wie Respekt.

 
Okay, ich habe ihn selber anders erlebt und auch die Art, wie er mit einem Welpen umging als äusserst feinfühlig und liebevoll. Du hast Recht, Respekt lässt sich nicht erzwingen, den muss man sich verdienen und zwar als verlässlichen, vertrauensvollen, bestimmten, überlegenen Führer und nicht als Freizeitkumpel. Dies lässt sich aber keinesfalls über härter und Gewalt erreichen, das wäre nämlich kontraprodukiv. Nur so erwähnt, bevor hier wieder falsches reininterpretiert wird.

Übrigens, ich liebe es, dass man im Rheintal nicht andauernd darauf achten muss, wie man spricht und benutze das Wort Scheisse doch auch noch ab und an. Das bedeutet aber durchaus nicht, dass ich meine Hunde auch so behandle oder erziehe. ;)

Vielleicht hast du ihn an einem schwachen Tag erwischt, das kann ich nicht beurteilen. Ich kenne ihn anders und bin auch durchaus bereit, seine Ansätze von einer neutralen und objektiven Warte zu beurteilen. Ich finde es einfach ätzend, wenn man alles in den Dreck zieht und dabei Sachen offensichtlich auch sehr tendenziös beurteilt, deshalb habe ich mich bemüht, Fichtlmeier zu zitieren, damit Leute auch eine Chance haben von ihm und seinem Wissen zu profitieren und nicht nur irgendwelche tendenziösen Interpretationen zu folgen. Ich hoffe, dass Leser hier sich nicht abschrecken lassen, sondern die Buchstaben auch lesen, die ich hier zitiert habe. Für mich z.B. ist die ATN-Ausbildung eher eine negative Referenz. So sind die Menschen verschieden.

Für mich ist es auch klar, dass du mit deinem Background mit seiner Art eher Mühe hast. Aber es gibt durchaus Hunde, die eine härtere Gangart zwischendrin benötigen und genau diese Leute stehen dann bei euch an. Deshalb ist es wichtig, dass es Leute gibt, die wirklich varieren können in ihrer Arbeit, wie sie jetzt an einen Hund herantreten müssen. Ich habe Fichtlmeier live erlebt mit beiden Typen von Hunden (den abgebrühteren und dem hyposensibelchen) und er hat den Spagat super gemeistert.

 
Unser Welpi ist jetzt genau zwei Wochen bei uns, 13 Wochen alt.
Ich setze mich manchmal in die Ecke, lege es sanft auf meinen ausgestreckten Beinen auf den Rücken, mache Einen auf Calming, halte es über seiner Brust fest, streichle Bäuchli und rede gelassen.
Wenn das Tierli ruhig geworden ist, öffne ich die Hände und meistens liegt es noch eine Weile zufrieden so, bis es dann selbst entscheiden kann und sich herunterwälzt.

Dieses Welpi ist zufrieden, behaupte ich mal, und akzeptiert seinen Status.