Schön, dass meine Ideen ankommen und auf fruchtbaren Boden treffen
!
Kaya, ich verstehe was Du meinst und ja, bei einem Hund, der Ressourcen verteidigt ist das nochmal schwieriger. Meiner gehört hier dazu...
Ich hab auch eine Weile gebraucht um da meinen Hirnknoten aufzulösen und das sinnig umzusetzen, das erfordert echt nochmal genauere Überlegungen, wie man da dann dran geht. Aber auch da ist es möglich, einfach in kleineren Schritten, mit mehr Abstand zum Hund und doppelter Vorsicht...
Problematisch wird dieses Verhalten vor allem dann, wenn dann ein anderer Hund einfach her kommt. Fürs reine Vorbeilaufen ist das trotzdem eine sinnige Lösung, denn die Hunde können lernen, dass sich andere nicht für die herumliegenden Leckerlis in dieser Entfernung interessieren. Nur wie gesagt, ist dieses Training dann schon sehr viel anspruchsvoller und nicht so simpel umzusetzen.
@Siifaa:
kannst du mir diesen Teil noch mal erklären? ich weiss nicht ob ich es richtig verstehe?
Mir wären grundsätzlich drei Trainingspunkte wichtig:
Einmal ganz klar die Kooperation. Blödgetue kann sicherlich mal gehemmt werden um schneller wieder was zu haben was man belohnen kann.
Um die Ansprechbarkeit zu ermögilchen, muss aber erst mal überhaupt an der Emotion gearbeitet werden und hier sind Leckerchen einfach die simpelste Möglichkeit zu. Es gibt auch Hunde, die rein über "Rangordnungs-Regeln" durch solche Situationen geführt werden können und wo das dann nach einer Weile auch super klappt, mit einer Kombination kommt man jedoch im Zweifel schneller zu Ziel und hat in vielen Fällen weniger "Nebenwirkungen" zu befürchten.
Ich werde es versuchen:
1. Blödgetue kann gehemmt werden, um schneller wieder was zu haben was man belohnen kann.
Anders als viele Kollegen von mir lehne ich "Strafe", im Sinne von Reizen, die ein Verhalten hemmen nicht grundsätzlich ab, sofern sie dem Hund keinen Schaden zufügen. Entsprechend muss ein solcher Reiz also dem Hund und der Situation gegenüber angemessen sein. Hier ist sicherlich auch die Gefahr gegeben mal zu stark einzugreifen und den Hund mehr zu verunsichern, als es nötig gewesen wäre und dabei liegt auch ein gewisses Risiko. Daher würde ich das nie einfach so empfehlen. Siifaa scheint hier aber einen guten Draht zu ihrem Hund zu haben und bemerkt, wenn es zu viel ist und wo es angebracht sein könnte. Das ist eine ganz wichtige Vorraussetzung um Strafreize sinnvoll einsetzen zu können.
Noch viel wichtiger ist es allerdings, danach sofort wieder belohnen zu können! Denn wenn ein unerwünschtes Verhalten durch einen Reiz erst mal unterbrochen wurde, ist die sofortige Belohnung angesagt. Schließlich hat mein Hund sich auf meinen Strafreiz hin zurückgenommen, das kann belohnt werden. Im Falle einer Hundebegegnung kann ich also schon mal sagen, jegliche Zurückhaltung wird grundsätzlich immer belohnt. Steigt mein Hund in die Leine kann ich ihn anschnorren und damit sein Verhalten hemmen, nimmt er sich daraufhin wieder zurück kann ich ihn aber sofort wieder belohnen!
So bleibt mein Hund nicht in seiner Unsicherheit gefangen, lernt als Strategie, dass sich Zurückhaltung lohnt und erfährt DANN, dass die Strategie nach vorne zu gehen keine so positiven Folgen hat.
Wichtig ist für mich, dass die Hunde erst genügend lohnende Verhaltensstrategien kennen, die bereits regelmäßig belohnt wurden, bevor dann eine unerwünschte Strategie gehemmt wird. So folgt im Zweifel auf 10 Mal JA einmal NEIN. Geht man hier zu schnell vor, kann sich ganz fix eine Verhaltenskette bilden, aus der man nur schwer wieder raus kommt.
Wozu dann überhaupt hemmen?
Wenn ich mit dem Hund beginne die Grenzen auszuloten, dann wird es mir unweigerlich passieren, dass er auch mal wieder in die unerwünschte Strategie fällt. Zeige ich meinem Hund dort klar auf, dass diese Strategie nicht lohnenswert ist, nehme ich ihm die Möglichkeit diese weiter zu üben und sich in sein Verhalten rein zu steigern. Ich komme dann also im Zweifel schneller voran und das halte ich schon für vertretbar.
2. An der Emotion zu arbeiten ist schlicht notwendig, denn ansonsten würde es bei einer reinen Symptombehandlung bleiben.
Zum Halter schauen wenn ein Hund kommt, ist eine funktionierende Strategie, bis der Hund die Individualdisstanz unterschritten hat und dann die Bedrohung auf einmal wieder riesig ist. Als Symptombehandlung, um an anderen Hunden vorbei zu kommen ist das definitiv eine sinnvolle Strategie, aber nur dann, wenn ich sicher sein kann, dass der andere in dieser Situation nie näher kommt als es bisher trainiert und gefestigt wurde. Denn mein Hund hat nur gelernt, die Bedrohung auszublenden, zu ignorieren. Hier handelt es sich tatsächlich um Ablenkung. Er hat nicht gelernt, dass die Bedrohung gar keine Bedrohung ist!
Wie hieran etwas geändert werden kann und welche Rolle da die Leckerlis spielen haben hier schon andere Foris ganz gut beschrieben. Es geht nicht darum mit den Leckeren abzulenken, sondern darum, den Reiz "Hund" mit positiven Reizen zu verknüpfen um eine andere Erwartungshaltung hervorzurufen.
3. Rangordnungsregeln beinhalten in der Regel Maßnahmen, die dem Hund das Gefühl der Verantwortlichkeit in der Situation nehmen sollen. Das heißt, der Hund soll lernen, dass der Mensch die Situation für ihn regelt und er sich nicht kümmern braucht. Das ist an sich schon kein schlechter Ansatz, sofern das Vertrauensverhältnis Hund und Mensch überhaupt gegeben ist bzw. der Mensch in der Lage ist sich dieses Vertrauen wirklich zu erarbeiten.
Bis damit begonnen wird, lernen die Hunde ja oft über Jahre, dass sie die Verantwortung haben. Die Sichtung durch einen Hund bedeutet, dass hier etwas geklärt werden muss. Der Mensch hält seinen Hund aber an der Leine zurück, so kann der Vierbeiner seiner Aufgabe nicht richtig gerecht werden, er wird frustriert und reagiert dann verunsichert und/ oder aggressiv.
Nun werden verschiedene Rangordnungsregeln eingebracht. Der Hund darf nicht an der Leine ziehen, sonst übernimmt er automatisch die Führung (mein Erklärungsansatz wäre ein anderer, aber das Ergebnis wäre das gleiche
). Kommt ein Hund entgegen, wird der eigene Hund körperlich geblockt, der Mensch steht zwischen seinem und dem fremden Hund und schränkt den eigenen Hund so ein, dass der gar nicht vorpreschen kann. Zusätzlich bietet der Mensch somit einen Schutzwall, der dem Hund die Notwendigkeit nimmt, den Artgenossen anzumotzen.
Vor allem unsichere Hunde nehmen diese Arbeit meist super schnell an, sind "dankbar", dass sie nun endlich Hilfe bekommen und nehmen sich dann schnell zurück. Die dadurch wieder zurückgewonnenen Freiheiten (die Einschränkung hört auf, wenn der Hund sich zurücknimmt) und die viel stressfreiere Strategie an dem Hund vorbei zu kommen, ist für viele Hunde in dieser Situation schon genug und so kann das Verhalten mehr und mehr in diese Richtung gefestigt werden.
Ist das Verhalten aber schon stark gefestigt, rutscht das Prinzip der Rangorndungsregeln schnell in ein permanentes Strafsystem über, weil der Hund sich nicht so einschränken lässt und nicht auf die Versuche der Menschen eingeht ihn zu bremsen.
Ja, man könnte dann natürlich noch den Abstand vergrößern, aber wenn man diese Arbeit mit den anderen Trainingsansätzen kombiniert, kommt man in der Regel schneller und meines Erachtens tiergerechter an sein Ziel.
Die Nebenwirkungen von reinen Rangordnungsregeln als Trainingsansatz entstehen, wenn der Zweibeiner nicht in der Lage ist sich dem Hund gegenüber wirklich klar auszudrücken und das Timing von Belohnung und Strafe im Sinne von Einschränkung und Freiheiten lassen nicht stimmt. Dann kommt es zu Missverständnissen, die den Hund verunsichern und dazu geeignet sind das Vertrauensverhältnis mehr zu zerstören als es aufzubauen.
Daher sollte mit solchen Maßnahmen bedacht umgegangen werden.
Ich warne davor, irgendwelche Trainingsansätze unreflektiert zu übernehmen, nur weil sie bei dem einen oder anderen gelklppt haben mögen.
So, den Text speichere ich mir nun gleich mal ab, ist doch ein ganz guter Input für das Buch, dass ich mit meinen Kollegen gerade zu genau diesem Thema schreibe...